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Communitys entstehen oft eher zufällig oder werden ganz gezielt initiiert und aufge-
baut: Fernuniversitäten unterstützen die Bildung von Lern-Communitys, Sprachenlerner
Es gibt eine Fülle von Kurzberichten, Analysen und Kommentaren zu erfolgreichen STT
und erfolglosen Communitys, aber nur wenige Metaanalysen der damit verbundenen
Erfahrungen. Die Zusammenstellung und Aufarbeitung der Literatur sowie Erfahrungs-
berichte, die Analyse von unterschiedlichen Communitys und mit Hilfe von Experten-
befragungen bietet dieses Buch für unterschiedliche Einsatzgebiete Orientierungs- und
Entscheidungshilfen.
Erfolgreicher Aufbau
von Online-Communitys
ISBN 978-3-902448-13-2
Erfolgreicher Aufbau
von Online-Communitys
Konzepte, Szenarien und
Handlungsempfehlungen
ISBN 978-3-902448-13-2
Georg Güntner
Leiter des Salzburg NewMediaLab
Februar 2009
DANK & ANMERKUNG ZUR SCHREIBWEISE
Allen ExpertInnen, die uns für ein Kurzinterview persönlich, per E-Mail oder Skype an
ihrer Expertise teilnehmen ließen, danken wir herzlich: Andrea Back, Daniela Feuer-
singer, Wolfgang Gawlik, Peter Gloor, Andreas Gruber, Claus Meyer, Tom Noeding,
Rich Gordon, Mark Markus, Christina Rittchen, Martin Schön, Peter Sloep, Henry Story
und Steve Yelvington.
Auch den internen und externen KollegInnen die uns Tipps gaben und/oder Verbesse-
rungsvorschläge machten, gilt unser Dank: Wernher Behrendt, Guntram Geser, Georg
Güntner, Wolf Hilzensauer, Veronika Hornung-Prähauser, Marco Kalz, Markus Lassnig,
Werner Moser, Manuela Plößnig, Sebastian Schaffert, Rolf Sint, Andreas Strasser und
Murray Turoff.
Um diesen Beitrag nicht durch weibliche Endungen, Bindestriche und Klammern zu
einem zwar korrekten, aber auch schwerer zu lesenden Werk zu machen, haben wir
im Folgenden durchgehend darauf verzichtet, die gendergerechte Schreibweise zu
verwenden. Zudem haben wir uns bemüht, auf englische Ausdrücke oder Lehenswör-
ter zu verzichten wo sie uns unnötig erschienen – aber im Bereich des Internets und
der modernen Managementtheorie kommt man leider viel zu oft nicht darum herum.
INHALTSVERZEICHNIS
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Einleitung und Hintergrund
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
„Der interdisziplinäre Begriff der Community erfuhr eine Vielzahl von unterschiedlichen Definiti-
onen und Definitionsversuchen. Hillery (1995) untersuchte rund 100 soziologische Definitionen
des Terms „Community“. Er fand bei seiner Analyse heraus, dass eine Gemeinschaft eine Grup-
pe von Menschen darstellt, deren Bindung sich über gemeinsame Motive, Situationen oder Ziele
gründet und die sozial miteinander interagiert. Entscheidend ist jedoch, dass sich diese Gruppe
zeitweise an einem gemeinsamen Ort befindet. Hillery fasst Community als „[…] a number of
people, who share a geographical environment“ zusammen” (Stocker & Tochtermann 2008,
64f).
Als einer der ersten Versuche, „Virtual Community“ zu definieren gilt folgende Be-
schreibung des Soziologen Howard Rheingold in seinem gleichnamigen Buch: „Virtuel-
le Gemeinschaften sind soziale Vereinigungen bzw. Ansammlungen, die sich aus dem
Netz herausbilden, wenn genügend Personen die öffentlichen Diskussionen lange
genug, mit entsprechend menschlicher Empfindung, weiterführen, um ein Netzwerk
von persönlichen Beziehungen im virtuellen Raum zu bilden“ (Rheingold 1993, eigene
Übersetzung). Schon in dieser ersten Definition sieht man, dass das Verständnis von
Online-Communitys auch von den aktuellen technologischen Möglichkeiten abhängt.
Rheingold (1993) analysierte so mit „The Well“ wohl eine der ältesten Plattformen für
Online-Communitys. Noch vor der Erfindung des World Wide Web nahmen hier Inte-
ressierte an Diskussionen, u. a. zur Kindererziehung oder Bürgerrechten, teil, indem
sie ein „Bulletin Board System“ (BBS) nutzten, ein modemgestütztes Mailboxsystem.
Die gegenwärtig vorzufindenden Definitionen des Begriffs „Online-Community“ brin-
gen ganz unterschiedliche Facetten zur Sprache, „auch weil es ein interdisziplinärer
Gegenstand ist. So gibt es Definitionen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaf-
ten, der Sozialpsychologie sowie der Medienwissenschaften. Von einem einheitlichen
Verständnis kann keine Rede sein“ (Schoberth & Schrott 2001, 519). Kurz und prag-
matisch löst zum Beispiel Owyang (2008, eigene Übersetzung) die Herausforderung:
„Eine Online-Gemeinschaft ist eine interaktive Gruppe von Personen, die sich auf-
grund eines gemeinsamen Interesses zusammengefunden haben.“ Döring (2001)
erarbeitete in einer Arbeitsdefinition weitere deskriptive Bestandteile einer virtuellen
Gemeinschaft: „Eine virtuelle Gemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Menschen
mit gemeinsamen Interessen, die untereinander mit gewisser Regelmäßigkeit und
Verbindlichkeit auf computervermitteltem Wege Informationen austauschen und Kon-
takte knüpfen.“
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Bei der Analyse der Definitionen und ihrem Verständnis sowie der Literatur zu Online-
Communitys fällt auf, dass es Unstimmigkeiten darüber gibt, ob
| Communitys als unabhängig von einer bestimmten Plattform oder Technologie
betrachtet werden;
| der Begriff „Community“ für Zusammenschlüsse mit starken Bindungen oder auch
für Zusammenschlüsse gilt, die eher lose agieren (Stegbauer 2001, 67ff). So wer-
den „Online-Communitys“ oft mit den registrierten Nutzern einer Plattform oder
eines sozialen Netzwerks gleichgesetzt, obwohl Eigenschaften wie der regelmäßige
Austausch oder die starke Verbundenheit nicht zwangläufig bei den registrierten
Benutzern vorzufinden sind.
In dieser Studie haben wir uns dazu entschieden, uns an dem sozialpsychologischen
Verständnis zu orientieren und darüber hinaus, unseren Erfahrungen in der Praxis
folgend, Communitys nicht alleine auf eine Plattform (Website) bezogen hin zu ver-
stehen und zu betrachten.
Unter einer Online-Community verstehen wir Personen mit gemeinsamen Interessen, die Inter-
net- und andere Kommunikationstechnologien nutzen, um sich regelmäßig auszutauschen
und/oder gemeinsam Inhalte zu entwickeln, dabei starke Bindungen entwickeln und sich als
zusammengehörig fühlen.
Im Folgenden werden wir die Begriffe – wie es auch in anderen Veröffentlichungen der
Regelfall ist – „virtuelle Gemeinschaft“, „virtual Community“ oder „Online-Community“
bzw. „Community“ als synonym verstehen und in der Regel kurz „Community“ ver-
wenden.
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Art der Bindung und Man kennt sich – real Hohe Bindung an die thematisches Interesse,
geteilte Interessen und/oder online; lose bis anderen Beteiligten, nicht Registrierung, ggf. Einla-
eng, aus unterschiedlichen zuletzt durch ein gemein- dung oder Zulassung
Gründen (z. B. Familie, sames spezifisches Inte- durch Moderator notwen-
gemeinsame Hobbys, resse dig, die anderen kennt
Beruf) oder hat gemein- man nicht notwendiger-
same Kontakte weise
Kommunikation selten bis häufig, Nutzung regelmäßig, oft Nutzung Kommunikation bzw.
(Frequenz und Art) einer Plattform/ Technolo- einer eingeschränkten aktive Mitwirkung ist keine
gie nicht notwendig, aber Auswahl von Plattformen Vorrausetzung, Nutzung
die Regel und Technologien (z. B. einer bestimmten Platt-
Weblogs) form bzw. Technologie
notwendig
Technologische Netzwerk von Personen – Definiert sich nicht not- Registrierung, Anmeldung
Basis/Realisierung Friend of a friend (FOAF) wendigerweise über eine für spezifische Bereiche
bestimmte technologische und Gruppen notwendig
Basis/Realisierung
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Eine Community ist also immer eine Teilmenge eines sozialen Netzes: „Virtuelle Ge-
meinschaften stellen immer auch ein soziales Netzwerk dar, während man bei virtuel-
len sozialen Netzwerken nicht prinzipiell von Online-Gemeinschaften sprechen kann“
(Pelzl 2006, 11). Communitys können, müssen aber keineswegs (wie dargestellt)
einer virtuellen Gruppe angehören.
Es gibt es noch weitere Formen von virtuellen Organisationen: Auch gegenüber dem
Begriff „Team“ ist das Organisationskonzept „Community“ abzugrenzen: (verteilte)
Teams sind zweckgebunden, zeitlich befristeten Zusammenschlüsse von Personen,
beispielsweise Mannschaftsmitglieder oder Projektmitarbeiter. Im Unterschied zu
Communitys ist die Mitgliedschaft in einem Team klar erkennbar und eindeutig.
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Unter „Community“ wird in dieser Studie eben nicht die Gesamtheit aller Nutzer einer
bestimmten Technologie oder eines bestimmten Services verstanden. Für solche
Formen von vager gemeinschaftlicher Verbundenheit, weil man beispielsweise (auch)
Nutzer der selben Technologie, Leser des selben Weblogs oder aktiv Beitragender bei
einem Wiki ist, ohne dass man dezidiert einer „Community“ im obigen Sinne zuge-
hört, könnte der Begriff der „imagined communities“ von Anderson (2006) hilfreich
sein. Anderson nutzt diesen Begriff um zu beschreiben, dass sich beispielsweise Per-
sonen gleicher Nationalität gemeinschaftlich verbunden fühlen.
Abbildung 2: Online-Community-Landkarte
Quelle: Munroe (2007)
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Nahezu jeder Autor versucht auf das Neue, eine Kategorisierung von Communitys zu
entwickeln. Beispiele sind:
| Die Zuordnung von Communitys nach Themen: geografische Communitys, demo-
grafische Communitys, thematische Communitys, Beziehungs-Communitys, Com-
munitys zur Förderung von Online-Aktivitäten (Mühlenbeck & Skibicki 2008, 30)
| Unterscheidung im Hinblick auf das Teilnahmemotiv von Mitgliedern: Community
of Interest, Community of Relationship, Community of Fantasy, Community of
Transaction (Hagel und Armstrong 2006; Stieglitz 2008, 61)
| Unterscheidung im Hinblick auf das Mitgliederverhalten: Grad der personellen
Interaktivität, die Schärfe der Fokussierung sowie der Zusammenhalt der Mitglie-
der untereinander (Figallo 1998, 35; Stieglitz 2008, 60)
| Unterscheidung im Hinblick auf die kommerzielle Ausrichtung: Customer Commu-
nity, Business-to-Business Community, Corporate Community und Hybrid Com-
munity (Zupanic 1999, 44; ähnlich auch Herstatt & Sander 2004)
| Unterscheidung im Hinblick auf die soziale Unterstützung: emotionaler Beistand,
kognitiver Beistand, instrumenteller Beistand (Kauffeldt 2007, 19ff; aufbauend auf
Gottlieb 1978)
Welcher Kategorisierung geben wir den Vorzug, wie lässt sich schnell ein Überblick
über unterschiedliche Formen von Communitys erlangen? Wir sind zu dem Schluss
gekommen, dass die vorhandenen Kategorisierungen nicht der tatsächlichen Vielfalt
und Ausgestaltungen von Communitys entsprechen und auch nicht geeignet sind, um
für die jeweils unterschiedenen Typen spezielle Handlungsempfehlungen zu geben: Zu
allgemein ist in der Regel die Vorgabe, z. B. eines Typs „Community of Interest“.
Anders herum gesagt: Die vorhandenen Kategorisierungen stellen in der Regel einen
Aspekt (Kommerzialität, Motive, Verhalten) in den Vordergrund, die nicht für alle
potentiellen Initiatoren von Communitys entscheidend oder hilfreich sind.
Folgende, nicht immer unabhängige Dimensionen bzw. Kategorien, nach denen sich
vorhandene Communitys beschreiben lassen, wurden gefunden. Grundlage für die
Liste waren unter anderem die Zusammenstellungen von Mühlenbeck und Skibicki
(2008, 30), vom Medien Meeting Mannheim (2007), Stieglitz (2008, 60ff), Herstatt &
Sandner (2004a), Kunz & Mangold (2004) und Kauffeldt (2007).
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
(Fortsetzung)
Perspektive des Betreibers
| Kommerzielle oder nichtkommerzielle Ausrichtung (oder Mischform)
| Art der kommerziellen Ziele (Crowdsourcing, Verkauf, Käuferbindung, Werbeeinnahmen
über Bannerwerbung etc.)
| Position zum Thema (z. B. unternehmensgetriebene oder unabhängige Community)
Thema und Inhalte der Community
| Ziel der Community: Informationsaustausch oder auch gemeinsame Content-Erstellung,
gemeinsames Handeln, Produktentwicklung und andere Ergebnisse
| Gemeinsame Aktivitäten: Diskussionen, Content-Erstellung, Online-Spiele
| Thema ist reines Online-Thema (z. B. Online-Spiele) oder Thema der realen Welt (z. B. ein
Fußballklub)
| Geografische Zuordnung
| Personengruppenbezug: Alter, Wohnort, religiöser Hintergrund, Volksgruppe u. ä.
| Politische Ausrichtung
| Produktbezogenheit
| Angestrebte Kooperationsform (z. B. Communitys von Unternehmern, von Kunden bzw. von
Kunden und einem Unternehmen)
Technologie und Umsetzung
| Einsatzform auf einer Website als Gesamtkonzept oder Teilkonzept
| Mobile oder immobile Communitys
| Geschlossene oder offene Community
| Anonyme oder namentlich agierende Community
| Nutzung einer Plattform/Technologie oder mehrerer Plattformen/Technologien
| Anzahl der Community-Mitglieder und Untergruppen
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Social-Technology-Profil-Tool
Die Daten zu den Online-Aktivitäten von Internet-Nutzern können sich Interessierte detailliert
mit einem kostenlosen Tool von Forrester Research beispielsweise nach Land, Alter und Ge-
schlecht auswerten und darstellen lassen.
(Forrester Research 2008b)
Community-Plattformen
Es gibt eine spezifische Art von Web-Angeboten, die sich dezidiert als Service-
Anwendungen für Communitys verstehen. Mixxt.de und Twine.com bieten beispiels-
weise an, gesonderte Community-Bereiche mit entsprechender Ausstattung wie eige-
nem Wiki, Diskussionsforum etc. einzurichten und zu nutzen.
Zu den größeren Portalen und Websites, die sich sozialer Anwendungen bedienen oder
darauf aufbauen, gehören folgende.
Anzahl der
Name Start Kategorie URL
Mitglieder
Badoo 2006 15.192.650* Freundschaft badoo.com
Broadcaster 2006 25.400.000 TV/Video www.broadcaster.com
Buzznet 2005 10.000.000* Musik www.buzznet.com
Cafepress 1999 6.500.000* Einkaufen www.cafepress.com
CarDomain 1998 1.600.000 Fahrzeuge www.cardomain.com
Care2 1998 9.818.989* Sozial www.care2.com
Classmates 1995 40.000.000 Schule/Universität www.classmates.com
del.icio.us 2003 5.300.000* Technology/Lebensstil delicious.com
eBay 1995 276.000.000* Einkaufen www.ebay.at
Facebook 2004 130.000.000* Lebensstil www.facebook.com
Faceparty 2000 5.900.000 Lebensstil www.faceparty.com
Flickr 2002 4.000.000 Fotos www.flickr.com
Flikster 2005 15.000.000* Lebensstil/Filme www.flixster.com
Fotki 1998 5.000.000 Fotos www.fotki.com
Fotolog 2002 22.429.011* Fotos www.fotolog.com
FriendFinder.com 1996 17.620.913* Beziehungen www.friendfinder.com
Friendscout24 1999 10.000.000* Beziehungen www.friendscout24.at
Friendsreunited 2000 21.000.000 Beziehungen www.friendsreunited.co.uk
GreatestJournal 2003 1.932.818* Lebensstil www.greatestjournal.com
Hi5 2003 80.000.000* Lebensstil www.hi5.com
Hyves 2004 7.842.797* Lebensstil www.hyves.net
Imagini (Youniverse) 2005 4.800.000 Freundschaft youniverse.com
2004 24.000.000
Imeem 16.000.000 Musik/Video www.imeem.com
Kaneva 2004 55.000.000* Spiel www.kaneva.com
Last.FM 2002 15.000.000 Musik www.lastfm.de
LinkedIn 2003 30.000.000* Business www.linkedin.com
Livejournal 1999 17.400.000* Lebensstil www.livejournal.com
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Anzahl der
Name Start Kategorie URL
Mitglieder
Match.com 1994 15.000.000 Beziehungen www.match.com
MyVideo 2006 3.300.000 TV/Video www.myvideo.at
MyHeritage 2003 25.800.000
18.300.000 Familie www.myheritage.com
MySpace 2003 180.000.000 Lebensstil www.myspace.com
Ning 2004 6.400.000* Lebensstil www.ning.com
Paltalk 1998 3.800.000* TV/Video www.paltalk.com
Piczo 2004 25.000.000 Lebensstil www.piczo.com
PodOmatic 2005 5.000.000 Musik www.podomatic.com
Reunion 2002 50.000.000* Schule/Universität www.reunion.com
SchülerVZ 2005 4.000.000* Schule/Universität www.schuelervz.net
SecondLife 2003 16.256.600* Spiele www.secondlife.com
Stardoll 2006 23.273.364* Lebensstil www.stardoll.de
Stayfriend 2002 10.000.000* Schule/Universität www.stayfriends.de
StudiVZ 2005 5.600.000* Schule/Universität www.studivz.net
StumbleUpon 2001 6.517.234* Lebensstil www.stumbleupon.com
Tagged 2004 70.000.000* Lebensstil www.tagged.com
Topix 2002 6.020.000* Nachrichten www.topix.com
Travbuddy 2005 1.513.744* Reisen www.travbuddy.com
Tripadvisor 2000 9.000.000* Reisen www.tripadvisor.com
Viadeo 2004 2.000.000* Business www.viadeo.com
Wayn 2003 13.000.000* Lebensstil www.wayn.com
Wikipedia 2001 684.000.000*
visitors
75.000* aktiv
Beitragende Enzyklopädie www.wikipedia.org
World of Warcraft 2004 10.000.000* Spiele www.worldofwarcraft.com
Xanga 1999 40.000.000 Lebensstil www.xanga.com
Xfire 2004 8.776.511 Spiele www.xfire.com
Xing 2003 6.500.000* Business www.xing.com
YouTube 2005 40.000.000 Videos www.youtube.com
Tabelle 2: Auswahl erfolgreicher Social-Web-Angebote aus verschiedenen Kategorien
Quellen: www.linqia.com (2008)
* Eigene Angaben auf der Website und Pressemitteilungen der Betreiber (Stand 12/2008)
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Perspektive Von Zu
Konfiguration von Techno- Auswahl durch Tool-Vergleiche Kombination und Anpassung der Technolo-
logien für eine Community gien mit den Community-Aktivitäten und
Mehrfachmitgliedschaft
Technologie im Einsatz Wahl der „richtigen“ Lösung und Mitglieder konfigurieren, nehmen an
Erwartung einer uniformen oder lehnen ab und erfinden selbst
Adaption
Tabelle 3: Wandel von Technologien für Communitys nach Wenger, White, Smith & Rowe (2005)
Quelle: ebd. Tabelle 1, S. 9, eigene Übersetzung
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
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Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
Darüber hinaus entwickeln sich Communitys auch im Bezug auf bestimmte Themen
oder Motive und werden dann für weitere Disziplinen interessant:
| Communitys spielen in neuen Varianten des technologieunterstützten Lernens eine
Rolle: So sind insbesondere Fernuniversitäten oder berufsbegleitende Weiterbil-
dungseinrichtungen bemüht, Lern-Communitys zu etablieren. Thematisch sind sol-
che Untersuchungen den Erziehungswissenschaften zuzuordnen.
| Aus Perspektive der Medizin bzw. Psychologie wird seit vielen Jahren die Wir-
kung der Teilnahme in Online-Communitys zu Gesundheitsthemen untersucht, ob
diese beispielsweise die physische oder psychische Gesundheit positiv beeinflusst.
| Aus Perspektive der Politologie sind u. a. die politischen Meinungsbildungspro-
zesse interessant, die in Communitys vorzufinden sind oder mit denen Communi-
tys Teile der Öffentlichkeit (z. B. Journalisten) beeinflussen (Wimmer 2008) und
auch aktiv von politischen Parteien genutzt werden (Brunauer 2008).
Die Zugänge bei diesem Thema sind also vielfältig.
25
Online-Communitys: Definitionen, Typen, Technologien und Zugänge
26
Der Community-Aufbau im Überblick
Zunächst muss so festgelegt werden, zu welchem Zweck und mit welcher Zielgruppe
eine Community aufgebaut werden soll. Die unterschiedlichen Handlungsfelder der
Implementierungsstrategie beeinflussen sich dabei wechselseitig. Auch zeigt die Dar-
stellung, dass der Aufbau einer Community einer kontinuierlichen Evaluation und
Optimierung bedarf, bis er als gelungen gelten darf. Auf die einzelnen genannten
Aspekte wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen.
Wesentliches Prinzip ist dabei, dass Communitys nicht „konstruierbar“ oder „steuer-
bar“ sind, sondern wie ein organisches Wesen (re-)agieren. Es gibt jedoch Hinweise
dafür, dass dies nicht auch in gewissen „Regeln“ und „Gesetzmäßigkeiten“ abläuft, die
nicht in jedem Fall zutreffen müssen. Zum einen greifen hier eher sozialwissenschaft-
liche Zugänge das Geschehen innerhalb der Gruppe auf, zum anderen gibt es Konzep-
te, die weniger das Geschehen in der Gruppe als die groben Rahmendaten betrachten
und mit Bezugsgrößen wie Gruppengröße und Zeit hantieren.
27
Der Community-Aufbau im Überblick
28
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
29
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Das zentrale Prinzip, auf das wir hier hinweisen möchten, auch weil es den Titel der
Studie in Frage stellt, lautet: Online-Communitys sind wie Pflanzen zu hegen, nicht
wie Gebäude zu bauen. Das Motto muss also lauten „wachsen lassen“ (Clark 1998).
Eine nahe liegende Metapher für das Wachsen von Communitys stellen eben Pflanzen
dar (S. 29).
Amy Jo Kim (2000) gibt in ihrem Buch konkrete Hinweise für den Aufbau und die
Pflege von Web-Communitys. Sie nennt ihr Konzept „Social Scaffolding“, das durch
die folgenden Designprinzipien geprägt ist:
Die Übertragung der Kompetenzen, des Einflusses und der Beiträge der Mitglieder
sollte im Laufe der Zeit zunehmen: „So sollten die Mitglieder zukünftig eine immer
wichtigere Rolle beim Aufbau und bei der Pflege der Community-Kultur spielen. Diese
führt sowohl zu einem gesteigerten, mitgliederseitigen Aktivitätsgrad und damit zu
einer aktiveren Community, als auch zu einer vorteilhafteren Kostenposition“ (Keding
2007, 26; Kim 2001, 18ff).
Anhand der beiden Beispiele auf den folgenden Seiten wird deutlich, was passieren
kann wenn den Mitgliedern nicht genügend Macht und Entscheidungsbefugnis inner-
halb der Community übertragen bzw. über ihren Kopf hinweg bestimmt wird.
30
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Fallvergleich Enzyklopädie-Projekte
31
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Name: meinNachbar
Start: Juni 2007
Ende: Frühjahr 2008
Kategorie: soziales Netzwerk
Website: http://meinnachbar.de (nicht mehr im Betrieb!)
Im Juni 2007 wurde das soziale Netzwerk „meinNachbar“ mit dem Motto „Alle Nach-
barn unter sich“ gegründet. Ursprünglich war meinNachbar eine kostenlose Communi-
ty, bei der Nutzer andere Menschen aus ihrem Wohnumfeld kennen lernen konnten.
Nach Registrierung konnten, ähnlich wie bei TownKings.de, die Nutzer über eine
Landkarte mit Menschen aus ihrer Gegend Kontakt aufnehmen. Mitte Dezember 2007
änderte meinNachbar plötzlich die AGB. Mitglieder des Portals erhielten neben allge-
meinen Danksagungen ein Mail mit dem Hinweis, dass der Dienst ab dem 29. Dezem-
ber 2007 kostenpflichtig sein soll und um monatlich neun Euro weiterhin nutzbar ist.
Die Mitglieder erhielten folgende Nachricht (Auszug aus der E-Mail): „Hallo, wir woll-
ten uns für die tolle erste Zeit bei dir bedanken. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht
ein Portal zu entwickeln, welches für dich und deine Nachbarn zu einem Sammelpunkt
geworden ist. […] Wie alles auf dieser Welt verändert sich auch meinnachbar. […] Aus
diesem Grund wird meinnachbar ab dem 29.12.2007 kostenpflichtig sein. […] Pro
Monat fallen dann 9 Euro Monatsbeitrag an, welche halbjährlich im voraus zu entrich-
ten sind. Genauere Vertragsbedingungen kannst du den aktuellen AGB’s entnehmen
(siehe Link weiter unten) […]“
Einer der Gründer des Portals Tobias Heine von der artista GmbH distanzierte sich von
den spekulativen Annahmen diverser Medienberichte und dem Vorgehen des neuen
Eigentümers, dass von vornherein geplant gewesen war, als kostenloses soziales
Netzwerk zu starten, Mitglieder zu sammeln (lt. eigenen Angaben September 2007
zirka 50.000 Mitglieder), anschließend die AGB abzuändern und Nutzern die nicht
schnell genug reagierten, eine Rechnung zuzuschicken.
Als neuer Betreiber im Impressum tritt Netsolutions Trading FZE mit Sitz in den Ver-
einigten Arabischen Emiraten auf. Dieses Unternehmen betreibt auch das Netzwerk
Nachbarschaft24.net, wo der Mitgliedsbeitrag ebenfalls neun Euro im Monat beträgt.
Möchten Nutzer nach einer kostenlosen 14-tägigen Testphase den Dienst nicht weiter
nutzen, dann muss dieser widerrufen werden, ansonsten geht er laut AGB automa-
tisch in einen Zweijahresvertrag über.
Das diese aggressive Form der Nutzerbindung langfristig gesehen nicht zum Erfolg
führen konnte, war vorauszusehen. Im Frühjahr 2008 wurde das Portal wieder ge-
schlossen und die restlichen Daten der bestehenden Mitglieder sind in das Netzwerk
Nachbarschaft24 übergegangen.
32
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Schließlich ist es wichtig, dass bei Communitys, die von Unternehmen initiiert werden
sollen auch von diesen akzeptiert und unterstützt werden Die Akzeptanz im Unter-
nehmen hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab. John, Schmidt und Decker
(2005, 10) empfehlen beispielsweise mit Schlüsselbenutzern und Multiplikatoren zu
beginnen und den Benutzern das System durch Workshops näher zu bringen; oft
basiere eine mangelnde Akzeptanz auf einem mangelnden Verständnis der Konzepte.
33
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Swenson (2008a) hat dieses Konzept auf Communitys übertragen. Er empfiehlt, sich
jede der vier Stufen genau anzusehen und sich selbst ein Bild zu machen, zu welcher
Stufe man die eigene Online-Community zuordnen würde.
Formierungsphase (Forming): Im frühen Stadium der Gruppenentwicklung stehen die
einzelnen Nutzer hinter der Führungskraft bzw. dem Kernteam. Der Enthusiasmus ist
hoch, Freundschaften werden leicht geknüpft und Nutzer beginnen an Aufgaben zu
arbeiten. Es werden Rahmenbedingungen entworfen, wie die Community funktionie-
ren soll und wie die Mitglieder miteinander verknüpft sind. Dies kann auch schriftlich
kommuniziert werden.
Auszug aus den Fragen, die man sich nach Swenson (2008b) in dieser Phase stellen kann:
| Was ist das Ziel der Community, in einem Satz ausgedrückt? Welche Zielsetzungen erfüllen
den Zweck?
| Wurde definiert wie die Community betrieben bzw. abgewickelt wird? Wurden Regeln oder
Kommentarrichtlinien veröffentlicht? Gibt es Datenschutzrichtlinien? Gibt es ein Konzept wie
man Spam, Trollen und anderen (negativen) Ereignissen entgegenwirken kann?
| Ist es den Mitgliedern erlaubt, innerhalb der Community in der Anfangsphase für sich selbst
zu werben?
| Nehmen die Initiatoren bzw. Führungskräfte selbst an der Community teil? Was kann den
Prozess der Gruppenteilnahme fördern oder auch hemmen?
34
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Auszug aus den Fragen, die man sich nach Swenson (2008b) in dieser Phase stellen kann:
| Nützen die neuen Ideen dem Gruppenziel? Sollen die neuen Ideen wieder verworfen oder
doch skizziert werden?
| Wie werden neue Mitglieder in der Community willkommen geheißen? Was soll ein neues
Mitglied erleben bzw. erfahren, wenn es der Gruppe beitritt?
| Gibt es Machtkämpfe zwischen Mitgliedern der Gruppe? Ist es eine gesunde Debatte oder
ein gegenseitiges attackieren?
| Besitzt die Community eine Troll-Watch-Liste? Wie wird mit Unruhestiftern umgegangen
(z. B. öffentlicher Tadel, ein Hinweis auf die Regeln, aus der Community verbannen)?
Regelphase (Norming): Die Community reift nun langsam heran und sowohl der
Zweck als auch die Gruppen- und Teamgewohnheiten werden dargestellt. Man regist-
riert schon langsam eine gesunde Bindung unter den Mitgliedern. In dieser Phase ist
die Community pflegeleichter und benötigt weniger Aufmerksamkeit bzw. Zuwendung
als in der Formierungs- oder Konfliktphase. Je nach Ziel der Community können nun
beispielsweise Kooperationen intensiviert oder der Wunsch nach höheren Leistungen
vorangetrieben werden. Es ist auch wichtig darüber nachzudenken, in welchen Berei-
chen die Community noch verstärkt Aufmerksamkeit benötigt.
Auszug aus den Fragen, die man sich nach Swenson (2008b) in dieser Phase stellen kann:
| Wie ist die derzeitige Dynamik der Gruppe (z. B. gemeinschaftlich, kampflustig, aktiv oder
passiv)? Können Sub-Gruppen innerhalb der Community identifiziert werden?
| Was sind gute, schlechte oder unklare Zielvorstellungen und -setzungen?
| Welche Bereiche benötigen stärkere Zusammenarbeit?
| Welche guten Gewohnheiten hat ihre Gruppe und können diese weiter gefördert werden?
| Welche Ideen und Praktiken sind tief in der Community verwurzelt? Dienen diese wirklich
dem Zweck? Können welche identifiziert werden, die schädlich oder hemmend für die Effi-
zienz sind?
| Um die Community umzubesetzen, ist es nötig auf die Vorstufen des Forming oder Storming
zurückzugehen. Wer kann dabei hilfreich unterstützen?
Fragen, die man sich nach Swenson (2008b) in dieser Phase stellen kann:
| Ist die Community finanziell durch beispielsweise Einnahmen oder bezahlte Inhalte abgesi-
chert?
| Hält die verwendete Software mit dem Grad der Aktivitäten stand?
| Welche Taktiken verwenden andere Hochleistungs-Communitys?
35
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Fragen, die man sich nach Swenson (2008b) in dieser Phase stellen kann:
| Hat Ihre Gruppe seine Ziele erreicht? Möchten die Personen wissen, was als nächstes
kommt?
| Haben wichtige einflussreiche Personen oder Schlüsselfiguren die Gruppe verlassen?
| Stecken Sie in einer permanenten Konfliktphase fest? Würde es Sinn machen zur Formie-
rungsphase zurückzugehen oder weiterzumachen, um zur Regelphase vorrücken zu kön-
nen?
| Wie können die Leistungen Ihrer Community belohnt und gefeiert werden? Wer verdient
Anerkennung?
Auch Morgan Scott Peck entwickelte verschiedene Stufen für Gruppen (z. B. Commu-
nitys), welche ähnlich zu Tuckers Phasen der Gruppenentwicklung sind. In seinem
Buch „The Different Drum: Community Making and Peace“, zählt Peck zuerst drei
wesentliche Bestandteile von Communitys wie Inclusivity (Dazugehörigkeit), Com-
mitment (Bindung und Engagement) und Consensus (Übereinstimmung) auf, bevor er
auf vier Stufen der Community Entstehung eingeht (Wikipedia 2009b).
36
Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
In der Realität sind diese Gesetzmäßigkeiten jedoch nicht so ohne weiteres anzutref-
fen, zumal mit ihnen auch nicht erklärt wird, warum recht erfolgreiche und aktive
Communitys wieder „einschlafen“ und sich auflösen. Zudem ist auch nicht ohne weite-
res nachvollziehbar, warum die Motivation, sich an einer Community zu beteiligen, mit
dem Anstieg der Mitglieder wachsen soll.
Hier helfen u. a. folgende Erklärungen und Theorien, wie sie Beck (2007) aufzeigt und
dabei in seiner Studie auch auf empirische Belege hinweist.
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Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
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Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Diese Darstellung macht jedoch nur für diejenigen kommerziellen Communitys Sinn,
für die eine große Zahl von Mitgliedern bzw. eine große Zahl an Nutzern angestrebt
wird, wenn es also nicht mehr um eine „Community“ in unserem Sinne geht, sondern
Plattformen mit vielen (registrierten) Nutzern angestrebt werden. Dieses Ziel verfolgt
u. a. Rheingold: möglichst hohe Erlöse durch Mitgliedsbeiträge zu generieren wie es
beispielsweise die Business-Netzwerk-Plattformen LinkedIn und Xing anstreben.
Eine ähnliche Darstellung wie die obige entwirft Keding (2007) und stellt dabei jedoch
anstatt der „zunehmenden Zahl von Mitgliedern“ die „zunehmenden Erträge“ in den
Mittelpunkt (S. 61). Er zeigt auf, dass die Frage nach dem angestrebten Erfolg recht
unterschiedlich beantwortet wird und (auch) dadurch ganz unterschiedliche Erfolgsbe-
einflussende Faktoren zu tragen kommen können. Panten (2005) hat eine Be-
standsaufnahme zur Erfolgsfaktorenforschung für kommerzielle Communitys vorge-
nommen und auf der Basis zweier Befragungen von 150 Community-Betreibern und
1.560 Internetnutzern untersucht. Daraus lässt sich exemplarisch zeigen, dass recht
unterschiedliche Aspekte – je nach Ziel, das mit dem Aufbau der Community verbun-
den ist – erfasst und dabei auch unterschiedliche Dinge als bedeutend für den Erfolg
identifiziert wurden.
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Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Es zeigt sich, dass die Aktivitäten der Mitglieder zunächst, bei der Strategiefindung
und Recherche noch gering sind, nach dem Start (Launch) jedoch relativ zügig an-
wachsen. Diese Zunahme ist jedoch nicht grenzenlos, sondern wird in der Phase der
Community-Reife deutlich kleiner.
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Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
Abbildung 11: Der Verlauf von Communitys in Hinblick auf registrierte Nutzer
und aktive Community-Mitglieder und Phasen des Gruppenprozesses
Literaturtipp
Auch wenn es schon ein paar Jahre alt ist, gibt dieses Buch einen guten Einblick
in die sozialen Aspekte des Community-Aufbaus, indem die Autorin neun
wichtigste Regeln für den langfristig erfolgreichen Aufbau beschreibt und anhand
von Fallbeispielen darstellt. Leider ist es derzeit nicht lieferbar und nur
antiquarisch zu erwerben.
Amy Jo Kim (2001). Community Building - Strategien für den Aufbau erfolgreicher
Web-Communities. Bonn: Galileo Press GmbH.
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Allgemeines Prinzip: Wachsen lassen
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Ziel- und Zweckbestimmung der Community
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Ziel- und Zweckbestimmung der Community
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Bedürfnisse der Zielgruppe eruieren
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Bedürfnisse der Zielgruppe eruieren
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
7.1 Auf dem Weg zum aktiven Community-Mitglied: Phasen und Beitrags-
formen aus individueller Sicht
Es gibt eine Reihe von Beobachtungen, Beschreibungen und Charakterisierungen von
Web-2.0-Aktivitäten und Typen. So werden mit „Lurker“ Personen beschrieben, deren
Aktivität rein passiv ist, die also nur Beiträge lesen und recherchieren. Andere Perso-
nen verfolgen wiederum aktive Aktivitäten und entwickeln Inhalte („Prosumer“). Es
zeigt sich dabei, dass solche Verhaltensweisen auch alters- und kompetenzabhängig
sind.
Bezogen auf die Teilnahme auf eine bestimmte Community werden die Bezeichnungen
und Typen ähnlich verwendet. Mehrere Modelle für den Lebenszyklus von Mitgliedern
einer Online-Community wurden bereits entwickelt. Hier stellen wir die Darstellung
von Hinchcliffe (2008) vor, die sich jedoch deutlich an den Entwurf von Kim (2001,
133ff) orientiert.
47
Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
In der Darstellung von Hinchcliffe (2008) wird beschrieben, dass Mitglieder einer
virtuellen Gemeinschaft ihren Start in einer Community als Besucher („Visitors“)
beginnen, indem sie eher von außen und unstrukturiert, beispielsweise durch das
Lesen von Beiträgen am Community-Geschehen teilnehmen. Besucher werden auf
unterschiedliche Weise, sei es durch Freunde, Medien oder Suchmaschinen, auf Com-
munitys aufmerksam gemacht und aus verschiedenen Gründen mit diversen Erwar-
tungen und Bedürfnissen aufgesucht und besucht (Kim 2001, 136). Als Neulinge
(„Novices“) beteiligen sie sich bereits aktiv an der Community, beispielsweise in Form
von Kommentaren. Ist eine gewisse Zeit vergangen und wurden regelmäßig Beiträge
erbracht, werden aktive Mitglieder zu einem festen Bestandteil der Community und
somit zu „Insidern“. Die vorletzte Stufe bilden die Meinungsführer („Leader“), die
sowohl als Teilnehmer als auch als Vermittler fungieren und deren Meinungen in der
Community ein hohes Ansehen genießen. Den letzten Abschnitt des Kreislaufs bilden
die Community-Ältesten („Elder“), welche die Community aufgrund z. B. von Verän-
derungen ihres Interesses, neue Beziehungen, Positionen und Perspektiven verlassen.
Derek Wenmoth (2006) identifiziert und beschreibt vier Phasen der Partizipation, die
vier „C“: „Consumer“ (Teilnahme nur konsumierend, z. B. lesend, betrachtend),
„Commentor“ (Teilnahme durch Bewertungen und Kommentare), „Contributor“ (Bei-
tragender z. B. von Texten) und „Commentator“ (Kommentator, gemeint hier: Treiber
einer Community). In einer Übersicht beschreibt er diese vier Phasen des Community-
Engagements, indem er Motive, Verhalten und Ergebnisse beschreibt. Weil die Unter-
scheidung von „Kommentierer“ und „Kommentator“ im Deutschen nicht sinnvoll ist,
haben wir die Rollennamen nicht wörtlich ins Deutsche übertragen. Allerdings zeigt
seine Übersicht sehr schön, wie neben dem eher quantitativen Aspekt der zunehmen-
den Aktivität auch anderes zum Tragen kommt, so ändern sich mit der Rolle auch
Motivationen und Haltungen im Bezug auf die Community.
48
Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Nur sehr aktive Nutzer können Teil einer Community sein. Allerdings tragen auch
andere Nutzer dazu bei, (Meta-) Informationen für die Community zu entwickeln:
Selbst „passive“ Nutzer die beispielsweise „nur lesen“, entwickeln unbewusst Metain-
formationen, von denen andere wiederum profitieren können: So tragen reine „Kon-
sumenten“ dazu bei, die am häufigsten aufgerufenen Beiträge, also die beliebtesten,
zu eruieren. Es wird daher auch behauptet, es gäbe praktisch keine „Nicht-
Partizipation“ (z. B. Hayes 2007). Auch ist der Schwellenwert, sich aktiv an einer
sozialen Anwendung zu beteiligen, ganz unterschiedlich. Gering ist er beispielsweise,
wenn bei Digg.com oder auch Delicious.com Webseiten bewertet oder getaggt werden
sollen (Mayfield 2006).
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Wichtig ist auch, dass die offiziellen Leader sorgfältig ausgewählt, geschult und mit
den nötigen Kompetenzen ausgestattet werden, sowie für die anderen Mitglieder
erkenntlich und ansprechbar sind. Tritt man einer Community bei, dann möchte das
neue Mitglied wissen, welche Rollen die anderen Personen in der Community spielen
und wer Besucher, Neuling oder Leader ist (Kim 2001, 166f).
Je nach Community-Typ und -Größe können von den Leadern die unterschiedlichsten
Funktionen und Aufgaben übernommen werden, beispielsweise als (Kim 2001, 161f):
| Begrüßer, der neue Mitglieder in der Community willkommen heißt und die Grund-
lagen erklärt,
| Mentor, der die potentiellen Leader schult und/oder als Ansprechperson bei Fragen
fungiert oder
| Ordnungshüter, der gegen anstößige Inhalte und störende Mitglieder vorgeht.
Kim (2001, 177) stellt noch weitere Führungsaufgaben für Community-Leader (z. B.
Gastgeber, Redakteur, Supporter, Manager, Event-Koordinator, Leiter) zusammen.
Liegt der Fokus in einer Community eher auf Diskussionen, so wird man Gastgeber
benötigen die darauf achten, dass die Diskussionen interessant und themenbezogen
sind. Ist die Community noch klein, werden die meisten der Führungsrollen in einer
Community natürlich noch nicht benötigt. Aber bei der richtige Publicity und Akzep-
tanz durch die Mitglieder kann sich das rasch ändern und Führungsrollen werden
zahlreicher und spezialisierter. Daher kann es auch nicht schaden sich vorab Gedan-
ken darüber zu machen.
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Bei der Registrierung verlangen manchen Online-Communitys mehr private Daten von
ihren (potentiellen) Mitgliedern als andere, beispielsweise bestehen einige auf die
Angabe des vollen Namens und wieder andere nur auf ein Pseudonym. Es gibt aber
nur wenige Möglichkeiten, wie diese persönlichen Informationen von ungewollten
Zugriffen geschützt werden können und viele der so genannten Zugriffskontrollen
funktionieren teilweise einfach nicht oder fehlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für „Sichere Informationstechnologie“ (SIT),
welche kostenlos herunter geladen werden kann (Fraunhofer Institut SIT 2008).
Das Fraunhofer Institut SIT (2008, 10) listet einige Risiken für die Privatsphäre von
Nutzern von Communitys auf, die eng mit den Möglichkeiten der jeweiligen verwende-
ten Software verbunden sind:
| Eingabe vieler und sensibler privater Daten, um diese mit anderen Nutzern zu
teilen,
| zentrale Datenspeicherung bei einem Internet-Dienstleister, um einfachen Zugang
und hohe Dienstverfügbarkeit zu gewährleisten,
| geringe oder keine Bedingungen für die Aufnahme neuer Nutzer in die Plattform,
um ein schnelles Wachstum hinsichtlich Nutzerzahlen und Vernetzung zu errei-
chen,
| starke Verknüpfung von Daten entlang der in den Plattformen abgebildeten Bezie-
hungen zwischen den Nutzern (diese Verknüpfungen ermöglichen das Extrahieren
neuer Informationen über den Informationsgehalt einzelner Datenobjekte hinaus),
| leichtes Auffinden von Nutzern und ihrer Daten in der Plattform.
Um den genannten Bedrohungen entgegenzuwirken sind Schutzmechanismen von
großer Bedeutung, da sie beispielsweise das unerwünschte Offenlegen, Beschädigen
oder Verändern von Daten durch Angreifer verhindern. Jedem Nutzer soll es individu-
ell möglich sein „einen für ihn akzeptablen Ausgleich zwischen gewollter Datenpreis-
gabe und dem Schutz seiner Privatsphäre nach seinen Bedürfnissen zu etablieren“
(Fraunhofer 2008, 11).
Einen sehr guten umfassenden Überblick über Risiken und Empfehlungen von Social
Network Sites gibt auch eine Studie von ENISA mit dem Titel „Security Issues and
Recommendations for Online Social Networks“ (2007).
Eine weitere Studie über die „digitale Fußspuren“ von Internetnutzern kam zu dem
Ergebnis, dass 47 Prozent der Nutzer im Internet bereits nach sich selbst gesucht
haben, davon gaben nur drei Prozent an dies regelmäßig zu tun und 74 Prozent haben
ihre digitalen Fußspuren erst einmal oder zweimal geprüft. Die meisten der Nutzer
(60%) sind nicht über die Menge an Informationen beunruhigt, welche sie über sich
selbst im Netz finden und die Mehrheit (61%) fühlt sich auch nicht dazu verpflichtet
die Menge an Informationen zu beschränken (Pew Internet 2007, 2f).
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Auch ist es wichtig, dass gewisse soziale und rechtliche Regeln eingehalten werden,
die auch gemeinsam entwickelt werden können. Gerade in den Anfangsjahren des
Webs gehörte so immer wieder der Hinweis auf die „Netiquette“ einer Mailingliste oder
eines Newsforen in die Begrüßungsnachricht für Neuregistrierte. Der Journalist und
Berater für Medienunternehmen Steve Yelvington (2006) schreibt in seinem Blog,
dass in einer Online-Community ein klarer und detaillierter Vertrag mit den Mitglie-
dern bestehen sollte, der je nach Zweck, Ziel und Zielgruppe(n) der Community un-
terschiedlich ausfallen kann.
Es gibt eine Reihe negativer und auch aggressiver Verhaltensmuster von aktiv Beitra-
genden, also asoziale Verhaltensweisen und damit auch verbundene Typen von Nut-
zern, für die in der Netzkultur spezifische Ausdrücke kreiert wurden:
| Flaming: „Ein Flame (aus dem Englischen: „to flame“, aufflammen) ist ein ruppiger
oder polemischer Kommentar bzw. eine Beleidigung im Usenet, in einer E-Mail-
Nachricht, Chatsitzung, einem Forenthread oder in einem Wiki. Im Usenet, wo der
Begriff seinen Ursprung hat, wurde wie beim Begriff der Polemik nicht ausge-
schlossen, dass ein Flame auch einen Sachbezug hat. Doch wird Flame inzwischen
gerne für aggressive Beiträge ohne Sachbezug verwendet“ (Wikipedia 2008b).
| Smurf: „Der Begriff Sockenpuppe (auch: Smurf, Multiaccount, Fake-Account)
bezeichnet in der Kommunikation im Internet ein zweites oder weitere/mehrere
Benutzerkonten, die angelegt werden, um eigene Argumente innerhalb einer Onli-
ne-Community mit mehreren ‚Stimmen’ zu vertreten oder Regeln der Community
zu unterlaufen. Die Bezeichnung spielt auf einen Bauchredner an, der sich mit sei-
ner Handpuppe unterhält“ (Wikipedia 2008j).
| Trolle: „In einem Internet-Medium wird ein Autor als Troll bezeichnet, dessen
Beitrag nicht zu dem Thema beiträgt, sondern der vor allem das Ziel hat, weitere
Reaktionen hervorzurufen, ohne am eigentlichen Thema interessiert zu sein. Die
Beiträge selbst werden meist als Troll, Troll-Post oder Troll-Posting bezeichnet“
(Wikipedia 2008l).
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Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Mit technischen Hilfsmittel können auch die Mitglieder selbst den Umgang mit stören-
den Mitgliedern regeln: Ignore-Filter werden auch als Bozo-Filter, Bozo-Liste oder
Mute-Liste bezeichnet. Mit Hilfe dieser Tools können (lästige oder ablenkende) Kom-
mentare von bestimmten Diskussionsteilnehmern ignoriert bzw. herausgefiltert wer-
den. Diese Personen können auch von anderen Mitgliedern in eine persönliche Liste
der zu ignorierenden Benutzer hinzugefügt werden. Ein Nachteil den solche Filter mit
sich bringen ist, dass Diskussionsstränge danach Lücken aufweisen können und der
rote Faden verloren gehen kann, wenn manche Benutzer gesperrt sind. Weiters er-
fährt das Mitglieder nicht wenn diese Benutzer beispielsweise über ihn sprechen (Kim
2001, 231).
Die Praxis zeigt, dass das Design und die Nutzerfreundlichkeit für Communitys nicht
gleichermaßen gegeben sein müssen. So ist es für ein Soziales Netzwerk unumgäng-
lich, dass der Anmeldeprozess einfach und schnell von Statten geht und dass das
Design professionell ist. Bei einer Community mit einem speziellen Fokus oder Thema,
beispielsweise einer bestimmten Erbkrankheit oder einem sehr ausgefallenen Hobby,
spielen solche Aspekte eine weitaus kleinere Rolle.
Insgesamt ist das Design, also die Benutzerfreundlichkeit, jedoch keineswegs zu
unterschätzen. Auch sehr große, erfolgreiche und agile Communitys können sehr
schnell ihre Kommunikationstools und -plattformen ändern. Eines der prominentesten
Beispiele ist das Ringen von YouTube und GoogleVideo, das YouTube wegen einer
vergleichsweise kleinen technologischen Entwicklung gewonnen hat.
Beide Portale wurden Anfang 2005 eingeführt. Thomas und Buch (2007) stellen fest,
dass damals die Zeit reif für die Einführung eines Videoportals war, da die Durchdrin-
gung der Bandbreite billiger, schneller und allgegenwärtig wurde. Noch fünf Jahre
zuvor wäre es aufgrund des Mangels an Breitbanddurchdringung unmöglich gewesen,
ein großes Publikum zu erreichen und zu erlangen. Auch die Technologien auf der
Produzentenseite wurden zugänglicher: Günstige Videokameras können aufgrund von
USB-2.0-/Firewire-Schnittstellen mit dem Computer verbunden werden und auch
Handys mit Videokameras sind mittlerweile weit verbreitet. Auch die Technologien für
Plattformen wurden günstiger: Es ist heute leichter, große Datenmengen aufzubewah-
ren, zu managen und zu betreuen.
59
Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Die weltbekannte Suchmaschine Google und der Neuling YouTube starten nahezu zur
gleichen Zeit ihre Video-Sharing-Portale. Beide Portale schufen ein besseres Nutzer-
erlebnis rund um das Teilen und Verbreiten von Videoclips. Vorher war das Handling
von Online-Videos für Nutzer sehr kompliziert und aufgrund zahlreicher Bedingungen
(Fehlen von praktikablen Archivierungsplattformen, mittelmäßiges und bruchstück-
haftes Beobachtungserlebnis für Nutzer) nur schwer möglich.
Thomas und Buch (2007) schreiben im Google war Anfang 2005 eine der be-
Blog „Startup Review“ über die Strategie kanntesten Suchmaschinen und hatte
und Erfolgsfaktoren von YouTube: somit Potential, die vielen Nutzer auf ihr
neuestes Produkt hinzuweisen: Ein Vi-
YouTube erlaubte und ermöglichte erst- deo-Sharing-Portal (Spiegel Online
mals die Einbindung von Videos in andere 2007). Nachdem sich im Oktober 2006
Portale (Webseiten, Blogs) und stellte Google das erfolgreiche Videoportal You-
sich dabei als besonders beliebtes Servi- Tube für 1.65 Mrd. Dollar einverleibte,
ce für Social-Networking-Sites wie machten sie sich hausinterne Konkur-
MySpace heraus. Der eingebundene Link renz. Seit GoogleVideo bei den Sucher-
half YouTube wiederum dabei, durch die gebnissen nach Filmen auch YouTube-
einfache Suche, Traffic zu verursachen Inhalte auflistet, hat die Site als Video-
und dadurch in Suchmaschinen weiter Sharing-Portal an Bedeutung verloren.
vorne gelistet zu werden. Mit den schnell Versuche, mithilfe von Nutzern und in
anwachsenden Nutzerzahlen stieg auch Kooperation diverser Produzenten exklu-
die Zahl der recherchierbaren Videos: Die sive Videoinhalte bereitzustellen und
Verbreitung von populären und schwer dadurch als Videosender wahrgenommen
zugänglichen/auffindbaren Videoclips zu werden, führten nicht zum gewünsch-
(häufig urheberrechtlich geschützt) wur- ten Erfolg. Google orientierte sich wieder
den von den Nutzern gerne angenom- stärker an seinen Wurzeln als Suchma-
men. YouTube bot dabei eine einfache schine (Golem.de 2007), obwohl die User
Handhabung und keine Zugangsbarrieren nach wie vor auch die Möglichkeit hatten,
bei der Registrierung – kostenlos, einfach auf GoogleVideo ihre Filme und Konfe-
möglich und nutzerfreundlich. Die Nutzer renzaufzeichnungen hochzuladen. Am 15.
können zudem Videos bewerten und Jänner 2009 kündigte GoogleWatchBlog
anderen mitteilen, was sie unterhaltsam (2009) an, dass zukünftig der Upload von
finden und was nicht. Videos eingestellt werden soll.
60
Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
Bei der Erstellung einer Community sollen sowohl dem Informationsdesign als auch
dem graphischen Design Beachtung geschenkt werden. Das Informationsdesign be-
schäftigt sich mit der organisatorischen Struktur der Community-Site, daher mit dem
Grundriss und der zugrunde liegenden Struktur der Aktivitäten und Inhalte. Das gra-
phische Design erzeugt die visuellen Effekte bzw. das Erscheinungsbild, welche die
Identität einer Community herstellen. Folgende Punkte sollen auf einer Community-
Site beachtet bzw. vorhanden sein (Kim 2001, 81):
| Der Zweck Ihrer Gemeinschaft soll von vornherein vermittelt werden,
| die Inhalte müssen in einer für Ihre Zielgruppe unmissverständlichen Weise wie-
dergegeben werden,
| jeder sollte in kurzer Zeit zum gewünschten Suchergebnis gelangen,
| es ist wichtig, dass immer deutlich angezeigt wird, an welcher Stelle innerhalb der
Gemeinschaft man sich gerade befindet.
Auch Custódio (2008) fasst in einer Präsentation verschiedene Community-Design-
Muster zusammen, welche beachtet werden sollen:
| Registrierung: Möglichkeit der schnellen und einfachen Registrierung, jedoch
trotzdem die Community vor Fremden schützen
| Login: Mitgliedern vorgeben, dass sie sich einloggen und identifizieren sollen,
bevor sie die Community nutzen bzw. betreten
| Willkommensbereich: Neue Mitglieder listen und den anderen präsentieren; schau-
en, dass das neue Mitglied nicht untergeht oder ignoriert wird
| Nutzerprofile: Dem Nutzer die Möglichkeit bieten, eine virtuelle Darstellung von
sich zu präsentieren; eine Brücke zwischen realen und virtuellen Individuum schaf-
fen, welche das Mitglied repräsentiert
| Nutzer-Gallerie: Erkennen lassen, wer die Community nutzt
| Freundesliste: Es werden nur ausgewählte Gruppen von Nutzern gezeigt
| Gruppen: Mitgliedern die Möglichkeit bieten, Gruppen innerhalb der Community zu
erstellen und zu verwalten, sowie mit ihnen zu interagieren
| Einladungen: Mitgliedern die Möglichkeit bieten, Interaktionen mit anderen zu
planen
61
Kommunikation, Kollaboration und Gemeinschaft fördern
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Evaluation und Erfolgsmessung von Communitys
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Evaluation und Erfolgsmessung von Communitys
In der Liste nennen sie beispielsweise (Spreadloveproject 2008) die Zahl der positiven
Referenzen, die durchschnittliche Zeit, bis ein neues Mitglied regelmäßig zur Commu-
nity beiträgt, die Zahl der unterstützenden Handlungen die Mitglieder tätigen (in dem
sie ihr Wissen teilen, Ratschläge geben), die Partizipation der Community an der
Pflege der Community (z. B. Moderatorentätigkeit, Leute die „report this as spam“
anklicken), die Mitgliederloyalität und -zufriedenheit, die Qualität der Inhalte und des
Austauschs, das Verhältnis der Beiträge ohne Antworten zu denjenigen mit und die
durchschnittliche Zeit, die man warten muss bis man eine Antwort erhält.
64
Evaluation und Erfolgsmessung von Communitys
Für uns ist dabei interessant, dass dies im Gegenzug bedeutet, dass für Community-
oder Community-Plattformen die Innovatoren und Early Adopters schon erreicht sein
müssen, also bereits mehr als 16 Prozent aller potentiellen Nutzer erreicht wurden.
Ein ähnliches Modell stammt von Frank M. Bass (1969), das so genannte Bass-Modell,
welches die Wirkung und die Sicherheit der Markteinführung von innovativen Produk-
ten bzw. neuen Technologien beschreibt. Dabei wird sowohl auf Innovationseffekte
(Neuartigkeit) als auch auf das Imitationsphänomen (Verbreitung) Rücksicht genom-
men. Das Bass-Modell wurde von Firth, Lawrence und Clouse (2006, 3ff) auf Online-
Communitys übertragen. Ein so genannter „Einkauf“ in einer Online-Community wird
von ihnen gleichgestellt mit einem Beitrag (z. B. ein Diskussionsbeitrag), den ein
Teilnehmer der Community bereitstellt.
Firth, Lawrence und Clouse postulieren, dass die Verbreitung von Innovation auch bei
einer Online-Community, auf einer Kombination von internen und externen Einflüssen
beruht. Der interne Einfluss beinhaltet, dass die Interaktion zwischen den frühen
Nutzern und den potentiellen Nutzern, die Anzahl der neuen Nutzer beeinflusst: Je
mehr Personen an der Community aktiv teilnehmen, desto mehr potentielle Teilneh-
mer sehen den steigenden Wert und nehmen selbst daran teil. Bei externen Einflüs-
sen werden die potentiellen Teilnehmer nicht durch bereits aktive Nutzer, sondern im
Allgemeinen von Massenmedien wie Magazine, Werbung und Nachrichtenbeiträge
beeinflusst, welche sie veranlassen, an der Community teilzunehmen.
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Evaluation und Erfolgsmessung von Communitys
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Ziel aus Sicht der Informativer Erstellung Austausch kooperatives Austausch Entwicklung
Community und soziale von Beiträ- von Wissen Lernen über Ideen freier Soft-
Austausch gen und Produkte ware
Kommerzielle
Interesse d. 2/3 3 3 2/3 3 2/3
Betreibers
Teilnahme frei-
3 3 2/3 2/3 3 2/3
willig
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Nach der Beschreibung des Einsatzgebiets geben wir eine kurze Übersicht über Reali-
sierungen und Daten, sofern und soweit sie bekannt sind. Dazu haben wir ausgewie-
sene Experten aus Praxis und Forschung um Interviews, in der Regel schriftliche
Kurzinterviews, gebeten. Zudem beschreiben wir einzelne konkrete Realisierungen
und Projekte aus der Literatur oder durch eigene Recherchen bei den Anbietern, deren
Darstellung orientiert sich am Vorgehen von Markus (2002).
Viele der beschriebenen Maßnahmen und Strategien ähneln sich in den beschriebenen
Einsatzgebieten. Der Vergleich der Publikationen und Erfahrungen zum erfolgreichen
Aufbau von Communitys zeigt aber auch, dass die Stolpersteine und erfolgreichen
Maßnahmen bei ihrem Aufbau sehr unterschiedlich sind.
68
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Betroffene, die ein bestimmtes Problem oder Anliegen haben, und ähnliche oder gleiche psychi-
sche oder körperliche Probleme haben, beispielsweise an einer speziellen Krankheit leiden oder
Angehörige mit einer bestimmten Suchtproblematik haben, wollen eine Online-Community
gründen. Sie arbeiten ehrenamtlich, haben nur ein geringes Budget zur Verfügung und verbin-
den damit auch kein persönliches kommerzielles Interesse, versuchen aber in der Regel Spen-
dengelder oder andere finanzielle Einnahmen zugunsten ihrer Einrichtung zu generieren (z. B.
via Werbeschaltung). In der Regel finden regelmäßige (bundesweite) Treffen statt bzw. werden
vor Ort angeboten.
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen haben eine lange Tradition und sind aus dem Gesundheitswesen
nicht mehr wegzudenken. Schätzungen des Robert-Koch-Instituts zufolge „engagieren
sich in Deutschland rund drei Millionen Menschen in nahezu 70.000 bis 100.000
Selbsthilfegruppen“ (s. Hundertmark-Mayser, Möller, Balke & Thiel 2004, Zusammen-
fassung).
69
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
70
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Eine Reihe der Angebote im Gesundheitsbereich werden auch von der Pharmaindust-
rie finanziert und gepflegt, so gibt es beispielsweise Beiträge und Webforen die sich
explizit mit medizinischen Communitys als virtuelle Heimat im Pharmamarketing
beschäftigen (Medical-Communities.de). Der Pharmakonzern Schering betreibt bei-
spielsweise ein umfangreiches Community-Portal für Patienten mit Multipler Sklerose
(MS-Gateway.com). Communitys im Gesundheitsbereich sind in solchen Fällen nicht
alleine eine Marketing-Maßnahme, sondern ermöglichen auch, „Trends im Consumer-
Verhalten, neue Therapieoptionen und Indikationen rechtzeitig zu entdecken und
gleichzeitig Gefahren, wie z. B. Nebenwirkungen, rechtzeitig zu erkennen und schnell
zu reagieren“ (Medical Communities 2008).
71
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Das Rettforum gibt an, derzeit über 700 registrierte Benutzer zu haben. Die Übersicht
über anstehende Termine (acht für die nächsten sechs Wochen) und die vielen aktuel-
len Beiträge auf der Website zeigen, dass das Forum aktiv und regelmäßig genutzt
wird.
Neben seltenen Krankheiten gibt es auch eine unübersichtliche Zahl an Foren, die sich
auch mit vergleichsweise häufigen Problemen und Krankheiten beschäftigen, bei-
spielsweise mit Verwitwung (www.verwitwet-online.com).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Leimeister und Krcmar (2006) entwickeln aufgrund ihrer Erfahrungen ein Vorgehens-
modell des Community-Aufbaus und des -Managements im Gesundheitsbereich.
74
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Als Besonderheiten, die neben den bereits erwähnten in diesem Prozessmodell für
Communitys im Gesundheitsbereich aufscheinen, sind die gesetzlichen Rahmenbedin-
gungen für medizinische Angebote im Internet zu sehen (ebd., 422).
Aus Perspektive von Ehrenamtlichen, die das Bedürfnis haben, zu einem bestimmten
Thema Hilfsangebote und Informationen zu sammeln und zu strukturieren, wird das
oben genannte Vorgehensmodell in der Praxis von geringer Relevanz sein. Dennoch,
oder vielleicht auch wegen des großen ehrenamtlichen Engagements der Beteiligten
kann ein sehr fruchtbarer Austausch und erfolgreicher Community-Aufbau gelingen,
wie auch das folgende Interview zeigt.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
? Welche typischen Fehler beobachten Sie beim Aufbau von Online-Communitys zur Selbsthilfe?
! Fehlende Nachhaltigkeit, fehlende Sensibilität für die Bedürfnisse der Nutzer, fehlende Seriosi-
tät – in der Reihenfolge. Die beste Online-Community ist nicht erfolgreich, wenn man sich nicht
um sie kümmert. Eine Online-Community zu betreiben ist viel Arbeit, und man muss sie regel-
mäßig tun. Jedem Nutzer des Internet stehen unzählige Möglichkeiten offen, sich in einer
Community einzubringen. Sie suchen sich die aus, die ihre Bedürfnisse am besten befriedigt.
Hungrig-Online ist die größte deutschsprachige Online-Selbsthilfegruppe bei Essstörungen
geworden, weil wir das Bedürfnis der Nutzer nach Austausch mit Menschen, denen es genauso
geht, befriedigen und dabei darauf achten, welche Rahmenbedingungen für diesen Austausch
notwendig und hilfreich sind. Mit unseren Regeln bieten wir den Nutzern einen geschützten
Rahmen für ihre Teilnahme an der Community. Wir behandeln ein ernstes Thema, und wir
müssen uns auch ernsthaft mit den Konsequenzen unseres Handels auseinandersetzen. Dass
wir uns ständig Gedanken über unser Tun machen, bemerken die Nutzer vielleicht gar nicht
direkt – aber indirekt ist es die Voraussetzung dafür, dass es uns auch nach zehn Jahren noch
gibt.
Dr. Wolfgang Gawlik ist promovierter Elektroingenieur und arbeitet als Projektmanager und
Berater für Systemdynamik bei einem großen deutschen Konzern. Zum Thema Magersucht ist
er als Angehöriger einer langjährigen Betroffenen gekommen: „Ich habe weder vor noch nach
Hungrig-Online eine Online-Selbsthilfegruppe aufgebaut, aber dass ich Hungrig-Online mit
aufgebaut habe ist eins der Dinge, auf die ich wirklich stolz bin.“
Zusammenfassung
| Betroffenheit ist Ausgangspunkt für „private“ Community-Initiatoren, es gibt aber auch
unternehmerische Interessen
| Neben dem Informationsbedarf besteht auch großes Interesse am Austausch von Erfahrun-
gen
| Besondere Bedürfnisse können Barrierefreiheit und Schutz der Privatsphäre sein; das be-
deutet dass Zugangsbeschränkungen notwendig sein können
| Im Hinblick auf den Anbieter und seine Ziele wird Transparenz gefordert
| Insbesondere Selbsthilfegruppen treffen sich in der Regel auch persönlich (Regionaltreffen)
77
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Der Aufbau von Communitys im Nachrichtensektor ist für reine Online-Anbieter notwendig und
für andere ein Versuch, die Nutzer des Mediums über einen anderen Kanal an (beispielsweise)
das Printmedium zu binden und durch unterstützende Funktionalitäten Nischen-Märkte, tech-
nik-affine Akteure oder die jüngere Zielgruppe anzusprechen. In den meisten Fällen wird diese
Art der Einbindung bzw. Einbettung der Akteure in eine Community als zusätzlicher Service von
Nachrichtenanbietern kostenlos ermöglicht. Dabei profitieren auch die Nachrichtenanbieter
selbst davon, da sie durch die Einbindung der Online-Akteure zu zusätzlichen und vielfältigen
Informationen und manchmal auch schneller zu Augenzeugenberichten gelangen.
„Partizipativer Journalismus ist die Tätigkeit eines Bürgers oder einer Gruppe von Bürgern, die
eine aktive Rolle im Prozess der Recherche, des Berichtens, des Analysierens sowie des
Verbreitens von Nachrichten und Informationen einnehmen. Ziel dieser Partizipation ist die
Bereitstellung von unabhängigen, verlässlichen, genauen, ausführlichen und relevanten Infor-
mationen, die eine Demokratie benötigt“ (Bownman & Willis, 2003; Übersetzung nach Wikipe-
dia, 2008e).
Nach den Anschlägen des 11. September 2001 in den USA boten so Weblogs von
Nutzern schnellere und persönlichere Informationen als etablierte Medien (Achinger
2007) und auch der Kurznachrichtendienst „Twitter“ erlebte einen Höhepunkt, als erst
ein Flugzeug in den Hudson River stürzte und seine User die ersten Informationen und
Fotos zu dem Ereignis schneller, als die professionellen Medien veröffentlichen und
verbreiten konnten (Spiegel Online 2009).
78
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Audio/Video-Upload 15%
Foto/Bilder-Upload 33%
79
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Das Definieren der Ziele und Zielgruppe stellt den ersten Schritt zu einer erfolgreichen
Community dar und ist mitunter sicherlich einer der schwierigsten Punkte. Nachrich-
tenanbieter haben daher die Aufgabe sich über ihre Zielsetzungen aber auch Regeln
und Rahmenbedingungen für einen Community-Aufbau klar zu werden. Steht dies
einmal fest, kristallisiert sich schon bald die Zielgruppe heraus, welche mit der Com-
munity angesprochen werden soll und deren Interessen mit den Zielen der Communi-
ty übereinstimmen. Es können verschiedene Ansätze verfolgt werden, um eine Ziel-
gruppe für Nachrichten-Sites eingrenzen zu können. Entscheidet man sich dafür die
Community über die Themen oder den geografischen Bereich zu definieren, dann
werden auch nur diejenigen angesprochen die sich mit den festgelegten Themen
identifizieren können oder durch die geografische Eingrenzung zur Community beitra-
gen möchten bzw. können. Hierbei filtert sich eine Zielgruppe indirekt heraus. Möchte
man ganz konkret eine bestimmte Gruppe von potentiellen Akteuren ansprechen (z.
B. Jugendliche), dann kann auch von Seiten des Nachrichtenanbieters zuerst die
Zielgruppe definiert werden und in Folge die Rahmenbedingungen angepasst werden
(siehe Kapitel 2.4).
Welche Maßnahmen für den Aufbau von Communitys von Bedeutung sind, beschreibt
Christine Rittchen ausführlich im folgenden Interview.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
1. Langfristig planen: Manpower: Zum Aufbau und in weiterer Folge zum Betreiben einer
Community braucht es engagierte Betreuung, einerseits auf technischer Seite, aber ebenso
in Bezug auf (aktuelle) Inhalte. Nicht zu vergessen sind Kapazitäten für die laufenden War-
tung der Community, also Überprüfung der Kommentare, Beantwortung von Fragen,
Betreuung von Gewinnspielen, Kooperationen, Berichterstattung im Print sowie Support An-
fragen von Usern. Darüber hinaus fließt Personalkapazität in die ständige Beobachtung der
am Markt herrschenden Trends sowie in deren Evaluierung für die eigene Plattform.
2. Verfügbarkeit von technischem Know-How: Die Plattform sollte erst dann starten, wenn sie
auf Herz und Nieren geprüft wurde. Worst-Case-Szenarien sind im Testlauf durchzuspielen,
und wenn es dennoch zu Pannen kommt, dann sollte man nicht die Nerven weg werfen und
die User mit transparenter Berichterstattung in die Entwicklung mit einbeziehen. Die Invol-
vierung der Top-User von Beginn an kann für die Entwicklungsarbeit sehr hilfreich sein. Ei-
nerseits erfährt man viel über die Bedürfnissen, andererseits kann man so eine starke Mit-
gliederbeziehung entwickeln. Dafür muss man die First-Mover unter den Mitglie-
dern/Kunden herausfinden und sie aktiv ins Projekt integrieren, zum Beispiel um Funktio-
nen oder Benutzbarkeit zu testen.
3. User-Involvierung: Eine Community funktioniert nur mit Mitgliedern, die sich mit der Platt-
form identifizieren können und das Gefühl haben, hier „zu Hause“ zu sein. Die Schlüsselfak-
toren für eine erfolgreiche Community sind für mich daher: Teilhaben lassen an der Ent-
wicklung, transparente und ehrliche Kommunikation mit den Usern, greifbare Ansprechper-
sonen hinter den Kulissen und so banal es klingt: Ernstnehmen der User.
4. Bündelung der Redaktionskräfte: Eine Community lebt von Inhalten. Normalerweise stellt
dies eine große Herausforderung für Betreiber von Online Plattformen dar. In einem Ver-
lagshaus bestehen die Probleme mehr im Vernetzen und Aufbereiten der Inhalte. Daher
müssen die Kräfte in der Redaktion gebündelt werden, um Überschneidungen von Online
und Print zu nützen.
5. Relevanter Content – für die Zielgruppe arbeiten: Im Laufe der Zeit merkt man die Tenden-
zen und Interessen der Mitglieder und darauf kann gezielt eingegangen werden. Ebenso
fließen aktuelle Themen in die Content-Planung ein. Inhalte, die für die Printausgabe re-
cherchiert werden, können auch für die Community aufbereitet werden, wie zum Beispiel
Bilderstrecken, Videos, oder Tipps von Usern. Bestehende Informationen werden technisch
einfach via RSS-Feed gebündelt, und optisch aufbereitet. Damit entstehen Schwerpunktsi-
tes, die gezielt auf die Bedürfnisse der Mitglieder eingehen.
6. Crossmediale Vermarktung: Der große Vorteil einer Community im Verlagswesen sind die
Printprodukte, die man zur crossmedialen Vermarktung heranziehen kann. Dennoch darf
der Online-Kanal nicht unterschätzt werden, besonders wenn es darum geht, völlig neue
Zielgruppen anzusprechen. Über Print erreicht man „nur“ bereits bestehende Kunden. Zu-
künftig wird es immer wichtiger werden, „neue“ Leserschichten anzusprechen und zu etab-
lieren.
7. Offenheit und Ehrlichkeit: Die Online-Gemeinschaft schätzt ehrlichen und offenen Diskurs.
Kommentare werden bei den z. B. Salzburger Nachrichten sofort frei geschalten – eine
Zensurinstanz gibt es in der Form nicht. Zwar werden die Kommentare regelmäßig vom
Community-Manager und den Redakteuren gelesen, das Löschen von Kommentaren wird
aber vermieden. Besser ist es, darauf öffentlich zu reagieren, denn dann lösen sich Diskre-
panzen sehr rasch. Engagierte Mitglieder der Gemeinschaft treten im besten Fall selbst als
Streitschlichter auf.
8. Anbieten von Schnittstellen: Zukünftig wird es entscheidend sein, sich als Community-
Betreiber, besonders im Nachrichtenbereich, zu öffnen. Also technische Schnittstellen anzu-
bieten, um die Verknüpfung von Inhalten für User möglichst einfach zu gestalten. Dies kön-
nen Widgets, Applikationen oder mobile Anwendungen sein. Wichtig dabei ist immer im Au-
ge zu behalten, wo sich die User aufhalten und wie man sie am besten dort abholt bzw.
Community-Inhalte dort platziert.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
? In Ihrer beruflichen Laufbahn haben Sie ja den Aufbau von Communitys in verschiedenen
Branchen verfolgt und unterstützt, gibt es im Nachrichtenbereich im Vergleich zu anderen
Branchen, Faktoren denen besondere Beachtung geschenkt werden sollte/muss?
! Eine Community im Verlagswesen ist vor allem wegen der breit gefächerten Zielgruppe eine
besondere Herausforderung. Einerseits werden bestehende Abonnenten bedient – von dieser
Gruppe weiß man am meisten, denn über die Leserbefragungen sind soziodemografische und
psychografische Merkmale bekannt. Andererseits besteht die spannende Aufgabe darin, neue
Zielgruppen über den Online-Kanal anzusprechen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die Relevanz
der Inhalte. Besonders neue User, die über Suchmaschinen (z. B. Google) auf die Site kommen,
kehren wieder, wenn sie passende Informationen finden können. Die Verwendung einer Com-
munity Blogsoftware (z. B. Moveable Type) ist von entscheidender Bedeutung. Blogs werden
von Google besser indiziert, die Inhalte damit besonders gut gefunden. Als Verlagshaus kann
man diese Technik optimal nutzen, um sich nicht nur regional als Content-Plattform zu positio-
nieren. Meinungselemente spielen in der Nachrichtenwelt eine entscheidende Rolle. Auf Platt-
formen anderer Branchen tauschen sich User zwar auch über Produkte und Services aus, die
Community eines Verlages versteht sich aber auch als Meinungsmacher. Daher ist es wichtig,
Interessierten alle Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, sich zu beteiligen und Meinungen
auszutauschen. Ebenso muss die Vernetzung von Inhalten für die User einfach möglich sein.
Wesentlich ist, sich mit den Kommentaren und Meinungen auch innerhalb der Redaktion aus-
einander zu setzen, d.h. darauf fallweise zu reagieren.
? Wie bringt man Mitglieder dazu sich an der Community zu beteiligen?
! Speziell zu Beginn ist es wichtig die erste Hemmschwelle der Mitglieder abzubauen und Anrei-
ze zu schaffen, sich aktiv zu beteiligen. Anreize können Gewinnspiele mit ansprechenden Prei-
sen sein, wobei die Gewinner von den Mitgliedern via Voting-System mitbestimmt werden. Vor
allem die Möglichkeit in der Zeitung zu erscheinen, stellt für Fotoblogger einen Anreiz dar. Auch
hier gilt: Synergien von Print und Online nutzen.
? Welche typischen Fehler beobachten Sie beim Aufbau von Online-Communitys auf professio-
nellen Nachrichten-Sites?
| Keine langfristige Planung: Sobald eine Plattform technisch aufgesetzt ist und die ersten
Aktionen laufen, werden die Kräfte oftmals abgezogen, denn damit scheint das Projekt fer-
tig gestellt zu sein. In Wirklichkeit beginnt hier aber erst die richtige Arbeit! Man muss auf
die Anforderungen und Bedürfnisse der User eingehen. Soziale Kontakte müssen auch im
Web gepflegt werden und die User brauchen tägliche Betreuung.
| Mangelnde Transparenz in der Kommunikation: In diesem Zusammenhang stellt sich ein
weiteres Problem, die unkommentierte Zensur von Userbeiträgen aus Angst vor Auseinan-
dersetzungen. Transparente Kommunikation mit den Usern wird selten betrieben, dabei ist
dies einer der wichtigsten Punkte in der Pflege der Mitglieder.
| Ungenügende Betreuung der Gemeinschaft: Gewinnspiele und Aktionen, die mit großem
Aufwand gestartet werden, deren Betreuung aber nicht bis zum Ende weitergeführt wird,
gehen nach hinten los, denn die Mitglieder tauschen sich trotzdem aus und hinterfragen
Gewinnspiele. Damit kann man als Betreiber ganz schnell seine (online) Reputation verlie-
ren.
| Fehlende Konzentration auf eigene Stärken: Egal in welcher Branche, ich beobachte immer
die gleiche Vorgehensweise: Konkurrenzanbieter gehen mit einem neuen Feature an den
Start, das plötzlich zum neuem „must have“ wird. Dabei vergisst man die Ziele und vor al-
lem die individuellen Stärken. Neue Trends müssen unbedingt unter die Lupe genommen
werden, aber nicht jede Entwicklung passt auch zum eigenen Profil.
DI (FH) Christina Rittchen absolvierte das Studium Multimedia Art an der FH Salzburg sowie
das Marketing und Online Marketing Studies an der FH Kufstein. Sie war Verantwortliche für
den Aufbau der Kunden-Community eServices, sowie der Jugend-Plattform für den Wüstenrot
Konzern. Derzeit ist sie Projektleiterin von mein.salzburg.com und hier für den Aufbau und
Konzeption, Kooperationen, Design, Online Marketing und Content-Management verantwortlich.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Es ist nicht einfach die Bedürfnisse seiner definierten Zielgruppe zu erkennen und
auch viele weitere Aspekte müssen bei dem erfolgreichen Aufbau einer Community im
Nachrichtensektor beachtet werden, diese Erkenntnis teilt auch Gordon Rich.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
? Welche typischen Fehler beobachten Sie beim Aufbau von Online-Communitys auf Nachrich-
ten-Sites?
Das häufigste Problem ist, dass die Mitarbeiter sich nicht der Community widmen – und einfach
die Kommentarfunktion öffnen und die Leute ihre Meinung sagen lassen, ohne ihnen Aufmerk-
samkeit zu schenken. Obwohl dies die Nutzung der Site in gewissem Maße erhöht, törnt es
auch viele Nutzer ab, was letztendlich dazu führen kann, dass sie die Site meiden.
Rich Gordon ist Professor und Dozent der Medill School of Journalism der Northwestern Univer-
sity und Direktor von New Communities des Northwestern Media Management Center. Bevor er
zu Medill ging, war er der erste Online-Direktor des Miami Herald
(http://www.miamiherald.com) und für die Prozesse des Online-Verlagswesen (Redaktion und
Geschäftsabläufe) verantwortlich.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Erfahrungen beim Aufbau der Community: Dazu wiederum Claus Meyer von den
Salzburger Nachrichten: „Für mein.salzburg.com gilt: Es gibt Dinge auf die die User
sofort aufspringen – Fotoaktionen (nach Möglichkeit noch mit Preisen als Anreiz) sind
dafür ein gutes Beispiel. Nicht zu ausgefallene Aufgabenstellungen (Sommerfoto,
Adventmarkt), dann senden die Leute brav ein. Schwieriger gestaltet sich das Motivie-
ren zum Tippschreiben auf mein.salzburg.com, aber auch hier ist mit der Winteraktion
ein wirklicher Schub zu verzeichnen. Außerdem ermöglicht die Integration der Suche
nun ein besseres Auffinden der Blogartikel […] Die Zugriffszahlen in der Community
sind sehr zufrieden stellend, hier liegen wir mit unseren UCs im Spitzenfeld der öster-
reichischen Zeitungsportale (hinter Standard, vor Krone) und das macht uns Mut.“
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Das Konzept: Das Konzept und der Aufbau von einestages wurden von einem eige-
nen Entwicklungsteam der Spiegel-Redaktion entwickelt und unterstützt. Das Design
gestaltete die Kreativagentur Jung von Matt/next und die Agentur Freiheit.com Tech-
nologies entwickelte dazu die Software. Nach der Registrierung können Nutzer über
die Profilseite ihre Aktivitäten steuern und sich der Community vorstellen, mit ande-
ren Nutzern über ein integriertes Nachrichtensystem in Kontakt treten und Bilder,
Texte, Videos und Audios hochladen. Die Motivation zum Mitmachen ist bei den meis-
ten Mitgliedern die Begeisterung. Zu jedem Thema können die Nutzer diskutieren,
Hinweise geben oder Inhalte bewerten. Die Themen in einestages werden von der
Spiegel-Online-Redaktion gesetzt, welche auch die Homepage steuert und für sorgfäl-
tig recherchierte und spannend aufbereitete Texte sorgt. Als Kooperationspartner von
einestages konnte Spiegel-Online Partner wie das Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz,
das Filmarchiv der Deutschen Wochenschau, den Geschichtswettbewerb des Bundes-
präsidenten (Körber-Stiftung) und das Deutsche Auswandererhaus gewinnen (Spiegel
Online 2007b).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Der Wunsch, dass sich Communitys durch die Akteure selbst managen, ist oftmals
nicht gegeben und daher ist es wichtig jemanden zu beauftragen, der beispielsweise
rasch auf Beschwerden antwortet und gegebenenfalls die Community vor Unruhestif-
tern schützt. Abhängig von der Größe der Community wird diese immer komplexer
und das Managen kann dann für eine oder mehrere Personen in einen Vollzeitjob
ausarten.
Nachdem die Strategie, Ziele und Zielgruppen sowie und Technologien identifiziert
wurden, kann die eigentliche Aufgabe des Community-Aufbaus beginnen. Potentielle
Mitglieder bzw. Nutzer müssen auf die Community aufmerksam gemacht und zu ei-
nem Besuch angeregt werden. Daraus soll in Folge die Motivation entstehen sich
zukünftig aktiv an der Community zu beteiligen.
In Anlehnung an Nielson (2006) und Rich (2008) gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Betei-
ligung im Nachrichten-Sekor durch die Nutzer anzuregen:
| Einstiegsbarrieren gering halten
| Kommunikationspolitik und Erwartungen kommunizieren
| Die ersten Mitglieder der Community direkt rekrutieren
| Neue Mitglieder willkommen heißen
| Mitglieder einladen, sich am Aufbau der Community zu beteiligen
| Verschiedene Wege zur Beteiligung anbieten
| Zugängliche Profile und Verlinkung aller Beiträgen des jeweiligen Mitglieds, um den Aufbau
von Beziehungen zu erleichtern
| Möglichkeiten, andere Mitglieder persönlich kennen zu lernen, schaffen
| Über das Bearbeiten zum Erstellen von Inhalten ermutigen
| Hervorheben, bekräftigen/anerkennen und Belohnen jener Art der Beteilung bzw. Beiträge,
die besonders gewünscht sind
| Verknüpfen der Online-Community mit dem Offline-Betrieb
| Abwenden von möglichen Problemen und falls nötig, präventives Handeln
Im Interview mit Rich Gordon hat er darauf hingewiesen, dass es gerade im Nachrich-
tenbereich häufig und leicht zu Auseinandersetzungen von Usern kommt. Im Unter-
schied zu den anderen Anwendungsbeispielen von Communitys, in dem sich die
Community um ein gemeinsames Ziel herum bilden, erscheint diese Einigkeit im
Nachrichtenbereich mit all den politischen und weltanschaulichen Kontroversen nicht
so leicht herzustellen; eine Aufrechterhaltung einer angemessenen Gesprächskultur
muss die besondere Aufmerksamkeit der Community-Betreiber gelten. Rich (2008,
26) stellt einige Strategien von Experten zusammen, welche den Umgang mit stören-
den Usern und unerwünschten Inhalten vermeiden: Er empfiehlt Filter und Einbezug
von Nutzer-Bewertungen, auch empfiehlt Rich Nutzer beim Monitoring von Diskussio-
nen einzubinden, u. a. beim aktiven „Patroullieren“ in Bereichen mit besonders vielen
Aktivitäten oder Themen, die als sensibel einstufbar sind.
Professionelle Nachrichtenangebote werden in der Regel von Unternehmen betrieben
und die Inhalteproduktion liegt dabei in den Händen der Redaktion mit seinen Journa-
listen. Wie jedoch anhand dieses Abschnitts verdeutlicht wurde, können bei Betrach-
tung der Nutzereinbindung auch andere Vermittlungsstrukturen wie die des partizipa-
tiven Journalismus beobachtet werden, welcher als eine sinnvolle, komplementäre
Ergänzung des Nachrichten-Angebots und auch für den erfolgreichen Aufbau einer
Community zu sehen ist.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Literaturtipp
Das „Online Community Cookbook“ wurde im März 2008 von Gordon Rich
geschrieben und von der Newspaper Association veröffentlicht. Das Kochbuch
bietet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um eine nachhaltige und gesunde
Online-Community im Zeitungssektor aufzubauen.
Gordon, Rich (2008). The Online Community Cookbook. Recipes for building
audience interaction on newspaper Websites. Online zugänglich unter:
http://www.naa.org/docs/Digital-Media/Cookbook/Cookbook08final.pdf
[2008-10-01]
Zusammenfassung
| Einbindung von Leser/Nutzern im Rahmen von Rubriken (Berichte aus der Region), Aktio-
nen und Wettbewerben (Leserfoto des Monats) oder Diskussionen
| Nachrichten sind potentiell konfliktreich, Diskussionen müssen daher aufmerksam verfolgt
und moderiert werden
| Themen, welche innerhalb der Community behandelt werden, können von den Nachrichten-
anbietern aufgegriffen, in ihrem Medium weiterbehandelt und durch Materialien und Infor-
mationen aus der Community ergänzt werden.
| Wenn Videos, Fotos und Audios eingebunden werden sollen, muss der unkomplizierte
Gebrauch für unterschiedliche Geräte und Nutzer gewährleistet sein; das Angebot muss
technologisch auf dem letzten Stand sein.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Wissen und Wissensaustausch spielen im Unternehmen eine große Rolle. Die Einführung eines
Wissensmanagement-Systems ist jedoch keine einfache Aufgabe. Der erfolgreiche Aufbau einer
aktiven Community, die insbesondere bei der Einführung eines solchen Systems andere durch
ihre Erfolge und Inhalte motiviert und anregt, sich zu beteiligen, ist eine zentrale Herausforde-
rung bei solchen webbasierten Anwendungen. Es handelt sich dabei also um unternehmensin-
terne Communitys, deren Aufbau durch die Unternehmen selbst forciert und unterstützt wird,
weil sie damit langfristig auch ökonomische Erfolge erwarten.
Wissensmanagement
Wissen gehört zu den immateriellen Vermögenswerten von Unternehmen und wächst
mit der Verbreitung. Dem Wissensmanagement, auch wenn darunter unterschiedliche
Aufgaben verstanden werden (vgl. Dick & Wehner 2002), fällt damit eine wichtige
Rolle zu. Es ist vor allem in all den Unternehmen wichtig, bei denen Wissen eine große
Rolle bei den unternehmerischen Aktivitäten spielt und/oder solche bei denen Wissen
eine große Rolle bei den Produkten und Dienstleistungen spielen (Eschenbach &
Schauer 2008, 70). Wissensmanagement bezieht sich nicht nur auf den reinen Aus-
tausch von Informationen, wie es beispielsweise Informationsplattformen ermögli-
chen, sondern auch um entsprechend zu initiierende organisationale Kulturen des
Wissensaustauschs und des Lernens.
Insbesondere die neuen Social-Software-Anwendungen wie die Wiki-Technologie, aber
auch Weblogs, werden als neue, einfach zu bedienende Technologien betrachtet, die
den unternehmensinternen Informationsaustausch erleichtern oder ermöglichen kön-
nen: In einer Befragung von mehr als 700 Unternehmen gab die Gruppe der Unter-
nehmen aus dem IT- und Mediensektor 45 Prozent an, für den internen Wissensaus-
tausch (auch) Social Software zu benutzen, in den anderen Branchen liegt der Anteil
bei 31 Prozent (Döbler 2008). Leider wird bei der FAZIT-Unternehmensbefragung
nicht ganz klar, was die Unternehmen bzw. die Fragesteller mit Social Software be-
zeichnen, darunter können auch E-Mail-Programme verstanden werden, die wohl
deutlich häufiger eingesetzt werden.
Für Unternehmen, die Weblogs und Wikis neuer „Web-2.0-Technologien“ nutzen,
welche offene Strukturen und Kulturen erfordern und gleichzeitig auch hervorrufen,
wurde der Begriff des „Enterprise 2.0“ geprägt (u. a. Koch & Richter 2007).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Ein Unternehmen, das häufig exemplarisch als „Enterprise 2.0“ genannt wird, ist SUN
Microsystems. Eine genauere Betrachtung zeigt dabei, dass nicht allein der Einsatz
von Weblogs und Wikis für diese Entwicklung ausschlaggebend ist, sondern SUN
Microsystems parallel dazu auch strategische Entscheidungen getroffen hat und eine
entsprechend unternehmerische Kultur gefördert hat (vgl. Hilzensauer & Schaffert
2008).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
| „Offen – jeder Mitarbeiter ist ein potentieller Kompetenzträger, Wissen ist frei verfügbar
| Inkrementell – Wissenslücken werden aufgezeigt. Strukturen entwickeln sich abhängig von
den Nutzerbedürfnissen.
| Organisch – Wissen und sein Kontext ist dynamisch. Flache und offene Zugangsverwaltung.
| Einfach – Es bestehen geringe Nutzungsbarrieren bei der Informationsdokumentation.
| Präzise – Der Kontext des Wissens wird berücksichtigt. Es erfolgt eine Objektivierung des
Wissens.
| Nachvollziehbar – Der Entstehungsweg des Wissens kann aufgezeigt werden
| Konvergent – Redundantes Wissen wird zusammengeführt.“
(nach Müller & Gronau (2008, 14; u. a. in Anlehnung an Paquet 2006, 100)
Wiki-Systeme benötigen eine sehr aktive Gruppe von Content-Erstellern bzw. Perso-
nen, die sich stark mit dem Aufbau identifizieren können. Selbst wenn man sich, wie
in unserem Fall, auf eine bestimmte Technologie, dem Wiki-System, konzentriert ist
die Zahl der Tipps zum erfolgreichen Einsatz für unternehmensinternes Wissensmana-
gement kaum überschaubar. Dies bedeutet nicht, dass alleine das Wiki schon eine
Lösung für das Problem Wissensmanagement sein kann (s. u.).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Hintergrund: Bosch Diesel Systems ist ein Geschäftsbereich von Bosch, des weltweit
führenden Anbieter Kraftfahrzeugtechnik, Industrietechnik sowie Gebrauchsgütern
und Gebäudetechnik. Er „entwickelt, appliziert und fertigt in einem internationalen
Verbund Dieselsysteme, die dazu beitragen, Fahrzeuge sauberer, sparsamer und
gleichzeitig sportlicher zu machen“ (S. 132). Ziel der Einführung von Wikis war die
„Schaffung einer neuen dynamischen, partizipativen und internationalen Basis für das
kodifizierte Erprobungswissen“ durch die Einführung eines unternehmensinternen
Wiki-Systems
Der Veränderungsprozess
Phase 1: Sensibilisierung für dringenden Veränderungsbedarf
Phase 2: Vision und Strategie entwickeln: u. a. Sichtung verschiedener Wiki-Systeme,
Vorbefüllung des Systems planen
Phase 3: Vision und Strategie kommunizieren: „Regelmäßige Information im Jour Fixe
der Abteilung, explorative ‚Konfrontation’ interessierter Benutzer mit den verschiede-
nen Engines, Testphase mit 10 Power Usern, welche die offizielle Aufgabe zum Testen
erhielte, Ausarbeitung Wiki-Lastenheft/-Pflichtenheft in Zusammenarbeit mit dem IT-
Bereich“
Phase 4: Kurzfristig sichtbare Erfolge planen: „Wiki-Vorbefüllung mit relevanten In-
formationen über Studenten durchführen, Auswertung dieser Phase mit Fragebögen
(Orientierung schwierig, kein Formeleditor, kulturelle/organisatorische Vorbehalte),
Installation neuer Releases in der Testumgebung“
Phase 5: Prozessorientierte Steuerung der Veränderung durch Mitarbeiter: Schu-
lungsphase (ca. 60 Teilnehmer in 8 Gruppen à 3 Stunden) mit den drei Bestandteilen
„Big Picture“ (Was wollen wir damit, welche Arbeitsprozesse sollen abgelöst werden,
was ist zukünftig zu erwarten), Einweisung in die Bedienung (Schulungsunterlagen, -
aufgaben), und Punktbefragung zur „initialen“ Erwartungshaltung; auch wurden die
Benutzer über Bug-Tracking-Listen im Wiki eingebunden
Phase 6: Erfolge konsolidieren und Veränderungen institutionalisieren: Migration ins
Produktivsystem, Neue Wiki Use Cases anstoßen, Fragebögen für unterschiedliche
Benutzergruppen, Bewerbung beim unternehmensinternen Award
Phase 7: Neue Verhaltensweisen kultivieren: Monitoring, Erhebung von Wiki-
Kennzahlen
Lessons Learned
„Die Vorbefüllung mit relevanten Inhalten durch Werkstudenten war unabdingbar, um
Interesse für die Wiki-Arbeit zu wecken und diese vorab zu demonstrieren.
Trotz des „Focus on Simplicity“ eines Wiki-Systems waren die Schulungen unbedingt
nötig.
Orientierung und Navigation sind gerade dann wichtig, wenn viele Autoren beteiligt
sind. Templates (Dokumentenvorlagen) bieten hier eine gute Entlastung.
Die Umstellung gewohnter Verhaltensweisen vollzieht sich nicht „wiki“ (schnell), son-
dern benötigt Zeit.
Die Hürde, einen Wiki-Artikel zu verfassen, war in einem geschützten Wiki-Space, der
nur innerhalb einer Abteilung oder eines Projekts sichtbar war, meist niedriger, als
wenn der Artikel sofort im ganzen Unternehmen einsehbar gewesen wäre.“
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Auch Mielke, Schulte und Neus (2008) beschreiben die Strategie der Einführung eines
Wikis für das Wissensmanagement in der DB Training Managementberatung der Deut-
schen Bahn AG. Dabei nennen sie auch grundsätzliche Fragen, die bei der Einführung
eines Wissensmanagementsystems geklärt werden sollten, z. B. um welche Wissens-
objekte es sich überhaupt handeln soll.
Es zeigt sich, dass die aktive Beteiligung und Aufbau von Communitys bzw. solchen
Wissensmanagementstrukturen vielerlei begleitende Maßnahmen bedarf und wohl
auch externe Anreize hilfreich sind. Ein schönes Beispiel ist der Award für Wissensma-
nagement bei der Deutschen Bundesbahn, für den sich nur Teams – Communitys –
bewerben konnten.
„Um das Teaming zum Wissensaustausch zu unterstützen und Kristallisationspunkte für künfti-
ge Communities of Practice zu schaffen, wurden die Wissensmanagement-Awards ausgelobt –
ähnlich den Academy Awards in Hollywood. Für diese Awards konnten sich nur Teams, keine
Einzelpersonen bewerben. Damit wurde die Bildung von themenorientierten Teams in einem
Paradigma der der Selbstorganisation gefördert. Generelle Ziele des Promotions-Ansatzes über
die Schaffung des Awards war die Gewinnung der Teammitglieder für die Sache, die Belohnung
der aktiven Input- und Contentgeber in das Wiki-System sowie die Erhöhung der Nutzungsfre-
quenz der Verwender. […] Insgesamt haben sich durch die Auslobung der Awards 22 Teams zur
Themen gebildet und ihre Bewerbungen eingereicht. In nur sechs Monaten gelang es uns auf
diese Weise den Bestand an Informationen im Wiki zu vervielfachen. Wir haben die Initiative
unserer Kollegen dann im Zuge einer groß angelegten Award-Verleihung nicht nur gewürdigt,
sonder gefeiert. Der Erfolg der Veranstaltung, die wir im Zuge eines jährlichen Treffens in
Potsdam im September feierten, basierte vor allem auf der Initiative unserer Mitarbeiter und
der emotionalen Gestaltung des Events. Wir haben zum Bespiel das Motto „Wir machen ein
Oskarverleihung“ ziemlich wörtlich genommen und nicht nur entsprechende Pokale gefertigt,
sondern auch Filmplakate erstellt, Filmtrailer produziert und vieles mehr.“
(Siehe Mielke, Schulte & Neus 2008, 173f)
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
An dem Aufwand, der bei der Deutschen Bundesbahn betrieben wurde, erkennt man,
dass es nicht einfach ist, eine solche Kern-Community für ein Wissensmanagement-
System zusammen zu bringen. Auch im folgenden Interview wird darauf hingewiesen,
dass die Einführung von Wissensmanagement in der Unternehmenskultur verankert
sein muss, und dann doch noch schwierig ist, eine Community zu etablieren.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
An der Universität St. Gallen unter der Leitun von Andrea Back wird schon seit vielen
Jahren zu den Einsatzmöglichkeiten von Web-2.0-Technologien in unternehmerischen
Kontext geforscht. Im Folgenden wurden die wichtigsten Erkenntnisse zusammenge-
stellt.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Diese ausführliche Sammlung der Lessons Learned kann als eine Checkliste zur Ge-
währleistung eines erfolgreichen Community-Aufbaus genutzt werden. Für potentielle
Interessierte und Verantwortliche verdeutlicht der Beitrag noch einmal, wie viele
Faktoren bei der Einführung eine unternehmensinternen Wissensmanagementsystems
eine Rolle spielen und mitgedacht und mitgestaltet gehören.
Zwar sind Unternehmen in der Regel darauf bedacht, dass nur ihre erfolgreichen
Projekte und Unternehmungen, auch im Gebiet des Wissensmanagement, in der
Öffentlichkeit diskutiert werden; sicherlich hilfreich ist es wohl, andere Beispiele und
Erfahrungen nachzulesen.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Literaturtipps
Viele Hinweise und Praxisbeispiele für die Anwendung und Einführung von
Social Software im Intranet von Unternehmen finden sich in:
Koch, Michael & Richter, Alexander (2007). Enterprise 2.0. Planung,
Einführung und erfolgreicher Einsatz von Social Software in Unternehmen.
München: Oldenbourg Verlag.
Im Rahmen dieses Buches nähern sich rund 30 Autoren aus Wissenschaft und
Praxis der Beantwortung der Frage, worin der praktische Nutzen des Web 2.0
für Unternehmen liegt. Dabei werden unterschiedliche Social-Software-
Anwendungen wie Wikis, Weblogs oder Social Bookmarking beleuchtet und die
Potentiale der Anwendung in Unternehmen sowie die Wissensarbeiter als Nutzer
in den Fokus gerückt.
Back, Andrea; Gronau, Norbert & Tochtermann, Klaus (2008). Web 2.0 in der
Unternehmenspraxis: Grundlagen, Fallstudien und Trends zum Einsatz von
Social Software. München: Oldenbourg Verlag.
Zusammenfassung
| Bei der Einführung von Wissensmanagement-Systemen in Unternehmen muss dies unter
anderem auch zur Unternehmenskultur und -strategie passen
| Eine Unterstützung und Beteiligung durch das Management und Führungskräfte ist maßgeb-
lich für den Erfolg
| Incentives und attraktive Aktionen (wie Awards) erhöhen die Aufmerksamkeit, entspre-
chende Rahmenbedingungen wie die Schaffung ausgewiesener Arbeitzeiten für das Wiki
können zur Teilnahme motivieren
| Schulungen erscheinen bei der Einführung unumgänglich
| Auch bei Nutzung der Wiki-Technologie sollten erste Strukturen, Vorlagen und Vorgaben
geplant und vorbereitet sein, bevor man unternehmensweit zur Teilnahme aufruft
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Die Lern-Community
„Eine Lern-Community bedarf unter dem Community-Aspekt keiner besonderen Vorbereitung.
Grundlage ist in der Regel ein selbst oder vom Manager/Projektleiter identifiziertes Skills-
Defizit, auf dessen Basis sich die Gruppe dann als Zufallsgruppe zusammenfindet. Als zentrale
Person in der Community tritt als Wissensvermittler ein erfahrener Kollege, ein professioneller
Dozent oder ein externer Berater auf, wobei diese Rolle auch auf mehrere Personen verteilt sein
kann. Organisiert werden kann das Ganze abhängig von der Komplexität des Stoffes als eine
Abfolge von Klassenraumkursen oder auch als E-Learning über das Intranet. Die eigentliche
Community entsteht erst im Laufe des gemeinsamen Lernens, wenn man Vertrauen aufgebaut
hat und anfängt, sich gegenseitig zu helfen. In der Regel zerfällt die Community nach Beendi-
gung des Lernprogramms mehr oder weniger schnell. Einzelne Beziehungen bleiben aber oft
über viele Jahre bestehen, womit jeweils eine neue Beziehung in einem informellen Netzwerk
im Unternehmen geschaffen wird. Gemeinsame Lernerfahrungen sind als vertrauensbildende
Maßnahme ein ausgezeichnetes Mittel, in bestehende informelle Netzwerke integriert zu wer-
den.“
(Schütt 2001)
Für die Zukunft geht die Mehrzahl von ca. 50 Branchenkennern, die im Rahmen eines
Trendmonitors auf der Learntec 2007 befragt wurden, davon aus, dass Lern-
Communitys zukünftig eine eher große Bedeutung für das Lernen in Unternehmen
haben (MMB 2007, 2). Die Befragten gaben dementsprechend als wichtigste Trend-
themen auch „kooperatives Lernen“ und „informelles Lernen“ an (ebd., 6).
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Beschäftigte für Lern-Communitys sensibilisieren und für die aktive Teilnahme ge-
winnen – Auszug aus einer Checkliste
| „Sind die mit der Initiierung einer Online-Community beabsichtigten Ziele den potenziellen
Teilnehmerinnen und Teilnehmern bekannt?
| Sind sie vom Nutzen dieses Instrumentes überzeugt?
| Sind auch die Führungskräfte vom Nutzen dieses Instrumentes überzeugt und wird dies
nach außen sichtbar?
| Sind den Beschäftigten die Teilnahme- und Nutzungsvoraussetzungen bekannt?
| Ist den Beschäftigten bewusst, welchen Aufwand und Einsatz die aktive Mitarbeit in den
Diskussionsforen erfordert?
| Ist den Führungskräften bewusst, welchen Aufwand und Einsatz die aktive Beteiligung der
Beschäftigten in den Online-Communitys erfordert?
| Sind die Beschäftigten mit den Nutzungsregeln (Netiquette) und der technischen Funkti-
onsweise vertraut?
| Gibt es Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Beschäftigten (z. B. bei der Entwicklung der
Netiquette, Einrichtung neuer Foren bei erkanntem Bedarf etc)?
| Sind Fragen des Datenschutzes, zum Umgang mit Arbeits- und Lernzeiten allgemein be-
kannt (evtl. entsprechende Betriebsvereinbarung)?“
(Krause, Keindl, Fogolin und Zinke o. J., Checkliste 3, 16)
Auch in Hochschulen ist es nicht ohne weiteres möglich, das Lernen in Communitys
einzuführen. Es bedeutet auch, dass Lernende in der Lage sein müssen, selbst organi-
siert lernen zu müssen und auch ausreichend Kompetenzen mitbringen müssen. Hin-
weise, wie Hochschulen Formen des selbst gesteuerten (informalen) Lernens unter-
stützen können, gibt eine Befragung von Rohs (2008): Für solche Aktivitäten muss
demnach aktiv geworben werden, auch nannten die Befragten eine Reihe von mögli-
chen Maßnahmen: Die Einführung von Mentoren-Programmen, der Einsatz von E-
Portfolios, die Angebote von Kursen, Credit-Points für Lerntätigkeiten, oder auch die
Einführung von Persönlichen Lernumgebungen (S. 32f).
Es gibt eine Reihe von Empfehlungen für das Design von erfolgreichen Lern-
Communitys.
Ganz allgemein, und das trifft insbesondere für informelle, freiwillige Zusammen-
schlüsse zum Lernen zu, kann kollaboratives Lernen im Web nur unter den Bedingun-
gen von Aufrichtigkeit, Reaktionsfreudigkeit, Relevanz, Respekt, Offenheit und Empo-
werment gelingen (Paloff & Pratt 1999, 160). Gleichzeitig zeigt das nächste Interview,
dass auch die Haltung zum Computer und Internet und die bisherige Erfahrung damit
die Möglichkeiten der Bildung von Lern-Communitys begrenzen.
102
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
103
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Wir versuchen, durch immer neue Seminare die Online- bzw. Web-2.0-Anwendungen aufgrei-
fen, z. B. Fotobearbeitung, Fotobücher usw. die Teilnehmerinnen immer mehr im Umgang und
Gebrauch auch mit mehreren Internetidentitäten zu trainieren. Ich verspreche mir auch durch
die neuen ubiquitären Computer, also die Geräte nach I-Phone und Google G1, mehr Verfüg-
barkeit des Zugangs und alltäglichen Gebrauch der Technik. Darauf wollen wir ja eigentlich
auch vorbereiten.
Momentan sind trotz der Hemmnisse immer wieder in der Chat-Übersicht paarweise oder Drei-
er-Kontakte zu beobachten. Bei mir treffen überwiegend EDV-technische Anfragen ein, bzw.
nach meinen Grüßen aus dem Urlaub auch E-Mails mit guten Wünschen und Fragen, wie das
funktioniert. Ich versuche also gerade gar nicht dezidiert Lern-Communitys aufzubauen, son-
dern das Internet als alltägliche Informations- und Kommunikationsangebot einzuführen, das
natürlich auch außerhalb der Arbeit genutzt werden kann, möglicherweise Fernsehzeit substitu-
iert. Da habe ich schon einiges probiert: Gelegentliche Hinweise auf YouTube-Angebote (Oper,
Evergreens, Kabarett, Infos) oder auch neue Online-Anwendungen werden selten, aber doch
ausprobiert. Die Möglichkeit, Termine über ein System wie z. B. „PlanItEasy“ zu buchen, finden
einige ganz praktisch, darüber wird zumindest diskutiert. Soziales Bookmarking mit Mister
Wong wurde nach dem Kurs nicht weiter praktiziert – keine hat auf dieses Angebot gewartet
und erlebt es als praktisch...
Wie gesagt, die Meisterfrauen sind eine Zielgruppe, die gegenwärtig eine internetbasierte Lern-
Community eher als eine zusätzliche Belastung, denn als Bereicherung erfahren. Natürlich gibt
es auch Ausnahmen! Wir stehen wohl noch gerade vor der kritischen Masse, welche eine virtu-
elle Community als ein attraktives Milieu entstehen lässt, das Nutzen für alle produziert. Ich
werde geduldig weiter daran arbeiten, dass „meine“ Meisterfrauen die Chancen erkennen und
erfahren, auf diese Weise mit Hilfe ihrer Kolleginnen Wissen und Kompetenzen zu erweitern.
Martin Schön, Geschäftführer des „bildung innovation migration social exzellenz (bims) e.V.“,
ist Diplom Pädagoge (univ.) und bietet seit mehr als 25 Jahren Seminare und Beratung, u. a.
zu IT-gestützten Innovationen für KMU, im südostbayerischen Raum an.
104
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Als ein weiteres Service schlägt Livemocha automatisch andere Mitglieder für gemein-
sames Lernen vor. Möchte man jedoch lieber alleine an den einzelnen Lektionen ar-
beiten, dann kann der Profilstatus auf „abwesend“ gestellt werden, was diese Meldun-
gen unterbindet. Als neue Funktionalität können Livemocha-Mitglieder auch die Bei-
träge von anderen Mitgliedern mit so genannten Mocha-Points bewerten, dies wird
durch Mitgliederfeedback und automatisierte Berechnungen ermöglicht. Mocha-Points
können für viele Tätigkeiten auf der Website errungen werden und motivieren die
Mitglieder, sich aktiv an der Community zu beteiligen (FinanzNachrichten.de 2008),
beispielsweise für den Abschluss von Kursen in einer neuen Sprache, die Kontrolle der
Kursarbeit anderer Mitglieder, die Erzeugung von Flashcard-Sets oder das Einsenden
von Sprach- und Schriftbeiträgen.
105
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Fortsetzung
„Mit den Bewertungen von Mitgliedern durch Mitglieder von Livemocha haben wir eine
raffinierte Möglichkeit geschaffen, wertvolle Beiträge zu unserer Community anzuer-
kennen, häufige Teilnahme zu fördern und gegenseitige wertvolle Interaktionen zwi-
schen Mitgliedern zu fördern“, so Clint Schmidt, Vice President für Marketing und
Produkt bei Livemocha. „Mitglieder können jetzt den potenziellen Wert der Verbindun-
gen, die sie mit anderen Livemocha-Mitgliedern eingehen, feststellen. Dieser einge-
baute Qualifikationsmechanismus ist eine wichtige Weiterentwicklung im Sozialnetz-
werk und stellt sicher, dass die Community für Lernfortschritt und Lehrbeiträge Aner-
kennung erfährt“ (FinanzNachrichten.de 2008).
Zukünftig möchte Livemocha für Mitglieder, welche über eine hohe Sprachkenntnis
verfügen und regelmäßig anderen Mitgliedern instruktives Feedback bereitstellen
einen „Lehrer“-Status einführen. Für Mitglieder die diesen Status erreicht haben,
sollen ökonomische Anreize in Form von bezahlten Tutorendiensten angeboten wer-
den (FinanzNachrichten.de 2008).
106
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
? In Ihren Publikationen beschäftigen Sie sich aktuell mit „Lernnetzwerken“. Was sind die
Unterschiede dieses Konzepts und Lern-Communitys?
! Eigentlich ist der Unterschied ganz einfach: Aus meiner Sicht sind Lernnetzwerke eine Samm-
lung von Lern-Communitys, die sich zum Teil überlappen. Online-Communitys sind reale Ge-
meinschaften in dem Sinne, dass sie gemeinsame Ziele haben, gemeinsam an einer besonde-
ren Sache arbeiten. Sie haben recht stabile Verbindungen: Entweder man ist ein Mitglied oder
nicht, wenn man eines ist, bleibt man das für eine relativ lange Zeit. Es gibt eine große Re-
ziprozität zwischen den Benutzern, d.h. es gibt immer eine Zwei-Wege-Kommunikation. In
einer Community ist fast jeder mit jedem verbunden, es gibt eine große Transitivität.
Ein Netzwerk ist also eine Sammlung von solchen Communitys. Wenn man zum Beispiel in
einem Netzwerk mit 1.000 Personen ist, würde ich sagen, dass es unmöglich ist, mit allen 999
Personen im direkten Kontakt zu stehen. Ich schätze, dass ein typisches Adressbuch 200 Ein-
träge hat, also von Personen, die man relativ gut kennt und auch leicht in Kontakt treten kann.
Wenn das Netzwerk größer wird, ist das nicht mehr möglich. Der Vorteil von Netzwerken ist
jedoch, dass so viele Menschen darin sind, dass das Potential groß ist, Personen zu finden, die
die gleichen Interessen und Ziele haben, wie man selbst.
? Welche Maßnahmen empfehlen Sie, aufgrund Ihrer Untersuchungen und Erfahrungen, um
eine Lern-Community erfolgreich zu initiieren und zu pflegen?
! Ich werde zunächst einmal die Art von Forschung beschreiben, die wir hier betreiben. Dazu
eine weitere Erfahrung aus unserer Fernuniversität: Zu Beginn haben wir für jeden Kurs ein
eigenes Forum eingerichtet, vor allem in den kleineren Kursen wurden diese jedoch kaum
genutzt, so dass es auch häufig dauerte, bis man auf seine Fragen eine Antwort erhielt. In den
großen Kursen waren die Diskussionsforen auf der anderen Seite häufig so unübersichtlich,
dass man auch nicht mehr richtig damit arbeiten konnte. Wir haben also damit begonnen,
Diskussionsforen zu vereinigen, aber das hat auch nicht richtig funktioniert.
In April dieses Jahres hat einer meiner Doktoranden etwas ganz neues entwickelt. Man könnte
es als Recommender-System bezeichnen, aber es empfiehlt nicht spezifische Texte, sondern
andere Personen mit ähnlichen Interessen. Wenn jemand nun eine Frage hat, die nicht trivial
ist und auch nicht einfach zu recherchieren, wollen wir ihn nun unterstützen, indem er Personen
aus dem Netzwerk vorgeschlagen bekommt, die darüber mehr wissen sollten. Die Fragen
werden von drei Experten kollaborativ in einem Wiki beantwortet. Wir nennen diese kleinen
Gemeinschaften von etwa vier Personen, die dadurch entstehen „ad-hoc transient communities“
[eigens zu diesem Zwecke erstellte, kurzlebige Communitys]. Wenn die Frage beantwortet ist,
steht diese Gemeinschaft vor dem Aus, was völlig in Ordnung ist. Jedoch kennen sich diese
Personen nun und wissen, dass sie in etwas ähnlichem interessiert sind. Das ist nun ganz
aktuelle Forschung bei uns: Wir denken, dass solche Ad-hoc-Communitys der Startpunkt für
Lern-Communitys sein können. Wir schauen uns nun an, wie wir solche längerfristigen Lern-
Communitys initiieren können.
Dabei gibt es eine Reihe von Regeln, die einzuhalten sind. Zum Beispiel sollten die Leute nicht
anonym sein, weil man dann beispielsweise damit davon kommt, immer Fragen zu stellen, aber
nie selbst antworten zu müssen. Das ist aus der Spieltheorie und auch der Sozialpsychologie
bekannt. Anonymität ist einfach verboten.
Dann sollte es Grenzen geben: Wenn man eine Community gründen will, darf es nicht so sein,
dass bei dieser ersten Gruppe ständig viele bei- und austreten, oder dass sie unübersichtlich
groß ist. Die Leute sollten die Möglichkeit haben eine Übersicht zu behalten, mit wem sie es zu
tun haben, mit wem sie reden usw.
Sehr wichtig ist zudem, das kommt ebenso aus der Spieltheorie, dass in meinem Beispiel die
Teilnehmer nicht das Gefühl erhalten, dass nach der Beantwortung ihrer Frage die Community
nicht mehr besteht. Auf jeden Fall sollte das Lernnetzwerk „für immer“ bestehen, es sollte
wenigstens nicht heißen, dass es nächsten Monat nicht mehr bestehen wird.
107
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Literaturtipp
Diese zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellten und etwas
älteren und umfangreichen Checklisten und Gestaltungsempfehlungen,
beziehen sich überwiegend auf Diskussionsforen. Sie beziehen auch viele
grundlegende Aspekte wie Computerkompetenz oder Netiquette ein und
unterstützen damit einen gut geplanten Einsatz.
Krause, Alexander; Keindl, Klemens; Fogolin, Angela & Zinke, Gert (o. J.).
Checklisten und Gestaltungsempfehlungen zur Auswahl und zum
Einsatz von Online-Communities. BIBB-Bundesinstitut für Berufsbildung.
Online zugänglich unter: http://www.bibb.de/de/wlk8503.htm [2008-10-15]
Zusammenfassung
| Motivation und Verhalten der Teilnehmer unterscheiden sich in formalen und informellen
Settings teils deutlich
| Das Lernen in Communitys scheint nur dort zu gelingen, wo das Internet Alltags- und
Arbeitsgerät ist oder als sehr attraktiv wahrgenommen wird
| Förderung des kooperativen Lernens kann durch entsprechende pädagogische Settings,
auch Reputationssysteme, gefördert werden
| Die Zuordnung zu passenden Partnern oder Gruppen wird durch aktuelle technologische
Entwicklungen gefördert
108
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Unternehmen nutzen zunehmend das Wissen und Know-How von Communitys, um damit
Informationen über die eigenen oder andere Produkte einzuholen und auch, um neue Produkt-
ideen oder -anpassungen zu entwickeln. Die Communitys werden dabei in der Regel vom Un-
ternehmen selbst aufgebaut und auch betrieben, d. h. es werden beispielsweise Moderatoren
abbestellt und auch eigene Webangebote kreiert, bei denen der eigentliche Zweck der Plattform
nicht notwendigerweise kommuniziert wird bzw. evt. auch nur eine der verfolgten Absichten ist.
Open Innovation bietet den Unternehmen eine Reihe von Vorteilen (Markus 2008,
24): Sie verkürzt den Innovationszyklus, z. B. weil Bedürfnisse früher erkannt werden
und die Entwicklungsarbeit zwischen Unternehmen und Kunden geteilt wird. Open
Innovation verringert auch die Entwicklungskosten, da die Innovationen schneller
generiert werden; es ergeben sich auch Effekte durch frühe/schnellere Absatzchancen
bei den frühen Anwendern (die bei der Entwicklung involviert waren). Als weiterer
Vorteil wird gesehen, dass durch Open Innovation schon frühzeitig für eine höhere
Marktakzeptanz gesorgt werden kann und das Risiko von Marktflops verhindern hilft,
weil Kunden auch frühzeitig Feedback geben können. Schließlich gibt es Hinweise
darauf, dass durch Open Innovation eher „echte“ bzw. „radikale“ Innovationen ent-
stehen können, weil Kunden sich bei der Ideenfindung weniger durch produkttechni-
sche Einschränkungen beeinträchtigen lassen. Markus (2008) ergänzt bei dieser Auf-
listung von Vorteilen jedoch, dass noch keine Instrumente zur Bewertung von Open
Innovationen entwickelt worden sind.
Ob Unternehmen Kunden für ihre Innovationsentwicklung gewinnen können, hängt
dabei von unterschiedlichen Faktoren ab, folgende Checkliste hilft bei der Abwägung,
ob Open Innovation die geeignete Form der Innovationsentwicklung für ein Unter-
nehmen ist.
109
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
110
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
und genutzt werden. Typische Beispiele für solche Innovationen sind Open-Source-
Entwicklungen wie „Linux“.
| Company-2-User: Hierunter versteht Shuen (2008) Plattformen, die Unternehmen
anbieten, damit sich Communitys von Nutzern, Kunden, Interessierten, Fachleuten
bilden können und dabei eben auch innovative Ideen entwickeln. Die Benutzer
kommen dabei „von alleine“ auf die Unternehmen zu (S. 140f).
| User-2-Company: Beim „Crowdsourcing“ wird von der Idee ausgegangen, dass
Gruppen aufgrund von Phänomenen wie der Schwarmintelligenz oder auch der
Schwarmkreativität (s. Gloor 2006) in der Lage sind, hilfreiche Unterstützung bei
Innovationsprozessen zu bieten. Crowdsourcing-Aktivitäten umfassen daher u. a.
auch Innovations-Wettbewerbe (Shuen 2008, 136ff; Koch & Richter 2007, 158ff).
Diese Unterteilung ist wohl nicht sehr trennscharf, gibt aber gut wieder, dass es recht
unterschiedliche Methoden gibt. Einige weitere Fragen, die man sich bei Innovations-
prozessen, die mit Hilfe von Kunden-Communitys entwickelt werden, stellen kann:
| Werden die Communitys aufgebaut oder werden passende bestehende Communi-
tys recherchiert und genutzt?
| Wissen die Communitys, dass sie an der Innovationsentwicklung beteiligt sind? Ist
es eine kollaborative Innovationsentwicklung?
| Werden tatsächlich „Communitys“ aufgebaut, oder geht es eher um Abstimmungs-
prozesse zwischen „Lead-Usern“, die sich untereinander jedoch nicht vernetzen
bzw. austauschen? – Dies kann u. a. bei Wettbewerben der Fall sein.
Man könnte vermuten, dass sich unter dem Begriff „Community Based Innovation“ all
diese unterschiedlichen Varianten vereinen, wie es beispielsweise bei Schroll (2007)
der Fall ist. Andere verwenden den Begriff jedoch für eine spezielle Methode, bei der
z. B. nur bestimmte Teilnehmer ausgewählt werden (Bartl, Ernst & Füller 2007;
Schroll 2007). Für die Arbeit mit Communitys für Innovationszwecke wird eine Reihe
von Vorteilen genannt.
111
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Neben ökonomischen Überlegungen ist der Aufbau und die Pflege einer Community
auch mit weiteren Risiken verbunden: Weder die Dynamik, noch die Inhalte, noch die
konkreten Ergebnisse in Communitys sind absolut steuerbar. Communitys haben auch
immer ein gewisses „Bedrohungspotential“, weil sie eben für negative Publicity sorgen
können. Der Aufbau von Communitys, auch in anderen Zusammenhängen, beispiels-
weise für Marketingzwecke, ist nicht immer unproblematisch oder in jedem Fall die
beste Lösung. Natürlich lässt sich nie vermeiden, dass Communitys „irgendwo“ im
Web Negatives über Produkte und Firmen verbreiten, geschieht dass aber massiv in
den unternehmensbetriebenen Communitys könnte das auch für Schlagzeilen in den
herkömmlichen Medien sorgen.
112
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Die Formen von Risiko und Chancen des Arbeitens mit Communitys aus Sicht von
Unternehmen stellt die folgende Abbildung dar.
Zu diesen Risiken, die durch die Arbeit mit Online-Communitys entstehen kommen im
Falle der Innovationsentwicklung auch die Bedenken von Unternehmen hinzu, die
Innovationen nicht für andere zugänglich haben wollen, wie es im Falle öffentlich
zugänglicher Communitys der Fall wäre (vgl. Interview mit Mark Markus).
113
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Zerfaß und Sandhu (2008) entwickelten eine Darstellung, die die allgemeinen strate-
gischen Prozesse berücksichtigt: Der Einbezug von Kunden in den Innovations-
Entwicklungsprozess macht auch ein unternehmerisches Umdenken im Bezug auf
Offenheit und Partizipationskultur notwendig.
Abbildung 25: Strategie-Karte für die Einführung einer Produktverbesserungs-Plattform im Social Web
Quelle: Zerfaß & Sandhu (2008, 301, Abb. 8), eigene Darstellung
114
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Gerade die Identifikation mit einem Produkt bzw. einer Firma stellt das zentrale Motiv
dar, sich an Kunden-Communitys und Innovationsprojekten zu beteiligen, wie auch
das Fallbeispiel der Einführung von „mi adidas-und-ich“ zeigt, die einen Innovations-
wettbewerb durchführten.
115
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Dass es nicht in jedem Fall einfach ist, Unternehmen als auch Kunden von Online-
Communitys zur Innovationentwicklung zu überzeugen, zeigt das folgende Gespräch.
116
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Ferner bleibt es von Anfang an offen, ob man über eine Community überhaupt brauchbare
Ideen und Lösungen gewinnt. Die empirischen Studien liefern hier noch keine eindeutigen
Ergebnisse und über die Community-Flops schreibt keiner. Wir haben die Idee mit der Online-
Community in diesem Fallbeispiel aufgegeben, weil wir in diesem Fall eine andere Lösung
besser fanden: Wir führen nun einen Innovationswettbewerb durch. Da sind die Ideen nicht
einsehbar, und Teilnehmer sind stärker extrinsisch motiviert, weil es ja Siegergelder gibt und
man muss keine allzu aufwändige Aufbauarbeit leisten.
? Wie kann der Aufbau gelingen?
! Unternehmensseitige Initiierung von Communitys kann etwa über so genannte „Friendly
Users“ erfolgen. Damit sind eher intrinsisch motivierte User gemeint, die sich an der Communi-
ty-Aufbauarbeit beteiligen, indem sie Beiträge verfassen oder andere Nutzer zur Mitarbeit
auffordern. Motivierend kann auch sein, wenn sie in interne Teams eingebunden werden und
berechtigt sind, zum Beispiel Unternehmensprodukte zu testen, die noch nicht am Markt sind.
Im Beispiel der Schiindustrie könnte man Schitage anbieten. Friendly User werden nicht be-
zahlt, aber ihnen muss etwas angeboten werden, was sie einfach gerne machen. Was auch
wichtig ist: Dass diese Friendly User von Anfang an eingebunden werden, weil es zum Beispiel
nicht sehr authentisch herüber kommt, wenn wir uns selbst da als Experten einbringen. Und
eine Initiierung der Authentizität ist schwere Arbeit: Die richtigen Leute zu identifizieren, mit
ihnen ins Gespräch kommen und als aktive Beitragende zu gewinnen. Man darf auch nicht
vergessen, dass eine Community ja auch betreut werden muss, wobei der Aufwand – je nach
der Größe der Community – beträchtlich sein kann und unbedingt eingeplant werden muss.
Allein aus rechtlichen Gründen darf man eine Community ja nicht unbeobachtet lassen, damit
keiner Blödsinn schreibt. Trotzdem ist es ja immer ungewiss, ob man als Unternehmen genau
das von der Community erhält, was man sich erwünscht, also brauchbare Bedürfnis- oder
Lösungsinformationen. Da sind andere Methoden eventuell zielgerichteter.
Dr. Mark Markus ist ausgebildeter Innovationsmanager und Projektleiter bei Salzburg Research.
Er unterstützt Unternehmen bei der Identifikation und Umsetzung von Produkt- und Prozessin-
novationen, analysiert Märkte, Trends, Prozesse und Technologien und berät Unternehmen in
der Tourismus-, Sport- und Freizeitindustrie.
Dass es wichtig ist, die passenden Rollenmodelle für die Bewerbung von neuen Pro-
dukten und zum Aufbau von Online-Communitys zu finden, wird im folgenden Inter-
view betont.
117
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
(b) Finde die richtigen Rollenmodelle: Um eine Community aufzubauen ist es sehr wichtig, die
richtigen Rollenmodelle zu finden. Apple hat seinen iPod und Motorola das Razr-phone in der
roten Variante, bei der ein Teil des Profits für wohltätige Zwecke gespendet wird. Zur Vermark-
tung haben Apple und Motorola Bono und andere Prominente mit dem „richtigen“ Image ge-
wonnen, die Kunden dazu bringen, selber ebenfalls „cool“ zu sein indem sie einen iPod oder
Razr „red“ kaufen. In Facebook sind es die coolen Kids die ihre Kommilitonen dazu bringen, sich
ebenfalls aktiv zu verlinken. D.h. dass das Networking-Verhalten eines Rollenmodells als Super-
Networker wieder neue Mitglieder bewirbt und so zu einer selbst laufenden Wachstumsspirale
führt.
(c) „Make it cool“: Das Produkt der Community muss für die Community cool sein – d.h. es soll
dem Eskimo kein Kühlschrank verkauft werden, sondern z. B. für eine „Vielflieger-Community“
sollen diejenigen Dinge offeriert werden, die für die Community wichtig sind. Lufthansa bei-
spielsweise ist mit ihrem Senator-Portal sehr gut aufgestellt. Dort werden bevorzugte Upgrades
wie sehr gut ausgestattete Senatorlounges, etc. angeboten, die für die Community wichtig sind.
Oder auf MySpace muss eine Musikgruppe den Geschmack ihrer Zuhörer auch beim Layout und
den Gratis-Hörproben treffen – „Listen to the community“ (Hören Sie auf die Community).
? Welche typischen Fehler geschehen beim Aufbau von Kunden-Communitys zur Entwicklung
von Innovationen?
! (a) Falsche Rollenmodelle: Es reicht nicht aus, klingende Namen als Rollenmodelle zu ver-
pflichten, sondern die klingenden Namen müssen sich auch dem Verhaltenskodex der Commu-
nity anpassen. Für ein Jugendportal sollten beispielsweise keine Schauspieler als Hosts ange-
worben werden, die als Trinker bekannt sind.
(b) Zu aggressives Verkaufen des Produkts: Wenn die Community das Gefühl erhält, dass nur
der Portal-Anbieter profitiert, wird sie abwandern. Als eBay beispielsweise ganze Kataloge von
Elektronikanbietern direkt integrierte (wie Amazon), fühlten sich die meisten der kleinen Händ-
ler, die auf eigene Rechnung ihre Waren anboten, bedroht.
Dr. Peter Gloor ist Research Scientist am MIT Center for Collective Intelligence und ist Leiter
des Projekts „Collaborative Innovation Networks“. Er unterrichtet auch an der Universität Köln
sowie der Helsinki University of Technology und ist Autor der Bücher „Coolhunting“ (mit Scott
Cooper, 2007) und „Swarm Creativity“ (2006). Er bloggt auf swarmcreativity.blogspot.com.
Auch in diesem Interview zeigt sich, dass der Community-Aufbau weder nur „neben-
bei“ gelingen kann, noch ohne wirklichem Interesse erfolgreich sein wird: Ein ehrlich
interessiertes Management, sowie eine authentischen Arbeitgruppe und/oder Lead-
User scheinen notwendig dafür, dass sich potentielle Mitglieder auch ernst genommen
fühlen. Dann kann es jedoch zu dem erwünschten Ziel kommen, und es entstehen
Innovationen im Produkt- und Dienstleistungsbereich, die zusammen mit Kunden
entwickelt wurden.
118
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Literaturtipps
Der Sammelband gibt einen guten Überblick, wie man mit Hilfe von
Communitys mehr über Kundenwünsche erfahren kann und Kunden aktiv in
den Produktentwicklungsprozess integrieren kann.
Herstatt, Cornelius & Sander, Jan G. (Hrsg.) (2004). Produktentwicklung mit
virtuellen Communities. Kundenwünsche erfahren und Innovationen realisieren.
Gabler-Verlag
Etwas allgemeiner packt der Sammelband von Kaul und Steinmann (Hrsg.) das
Thema an, indem er Communitys unterschiedlicher Art aus Unternehmens-
sicht thematisiert: Spannend sind hier die im Detail beschriebenen
Fallbeispiele, auch zum Aufbau von Kunden-Communitys zur Innovation.
Kaul, Helge & Steinmann, Cary (Hrsg.) (2008). Community Marketing: Wie
Unternehmen in sozialen Netzwerken Werte schaffen.
Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Zusammenfassung
| Recherche und Ansprache ausgewählter Nutzer (Lead-User) ist wichtig
| Methodisch sind tradierte Innovationsinstrumente wie Wettbewerbe hilfreich
| Problematisch kann sein, dass bei öffentlichen Plattformen Mitbewerber mitlesen können
| eine geschlossene, d. h. exklusive Community, kann für Lead-User attraktiver sein als eine,
die für jederman zugänglich ist
| spezielle Angebote – Preise, Events, Testnutzung, exklusive Inhalte – unterstützen die
Attraktivität und Aktivität der Community
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Einzelne Software-Entwickler haben eine gute Idee und suchen Gleichgesinnte, die sich kollabo-
rativ an einer Software-Entwicklung beteiligen, die später mit freiem Zugang zum Quellcode
liberal lizenziert, kostenlos genutzt und auch verändert werden kann. Zwar ist heute eine Reihe
von sehr erfolgreichen Open-Source-Projekten bekannt, dennoch scheitert die Mehrheit von
Open-Source-Projekten, weil es nicht gelingt, eine Community aufzubauen und aufrecht zu
erhalten. Während einzelne Firmen, wie SUN Microsystems ihre Mitarbeiter dafür bezahlt, wenn
sie sich an Open-Source-Entwicklungen beteiligen und diese auch maßgeblich voranbringen,
gibt es viele Communitys, bei denen alle Mitglieder freiwillig und ohne Bezahlung an der Ent-
wicklung arbeiten.
120
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Ferner begann Stallmann 1983 das GNU-Projekt, welches sich als Ziel setzte, ein freies Be-
triebssystem zu entwickeln. GNU ist ein rekursives Akronym („GNU’s not Unix“), dass dadurch
auf die Ähnlichkeit mit UNIX, als auch auf die Abgrenzung zu unfreien UNIX-Systemen, an-
spielt. Im Jahre 1985 wurde die Free Software Foundation (FSF) gegründet, die später über die
GPL (General Public License) wacht. Stallmann und Jerry Cohen veröffentlichen 1989 die erste
Version der GPL. 1998 entstand eine heftige Diskussion bei vielen Entwicklern, ob der Begriff
der Freien Software (Free Software) genau das definiert, welches ursprünglich gemeint ist. In
der englischen Sprache bedeutet der Begriff „free“: frei und kostenlos. Jedoch ist OSS nicht
kostenlos, da zum Beispiel beim freien Download Kosten entstehen. Die Entwickler leisten
größtenteils freiwillige arbeit oder es arbeiten Entwickler aus Projekten von Unternehmen an
der Software, die trotzdem möglicherweise ein kommerzielles Ziel beabsichtigen. Daher konnte
man sich nicht mit dem Begriff „Free Software“ anfreunden. Um Freie Software mit Marketing
technischen mitteln geschickt vermarkten zu können und dem ideologischen Streit zwischen
den Entwicklern entgegenzuwirken, wurde von Christine Peterson vom Foresight Institute der
Begriff „Open Source“ vorgeschlagen.
Eric Steven Raymond, Bruce Perens und Tim O’Reilly bestätigten den Vorschlag und nutzten
den Begriff für die Open-Source-Initiative (OSI). Allerdings lehnt der Gründer der FSF Richard
Stallmann die Formulierung strikt ab. Um der anscheinend niemals endenden Diskussion zu
beenden, wurde zuerst das Akronym FOSS und dann später FLOSS eingeführt. FOSS steht für
„Free Open Source Software“ und FLOSS „Free / libre Open Source Software“.“
(Schwaneberg 2007, 1)
Die Linux-Community
„Die Linux-Community (www.linux.org) ist ein Beispiel für eine organisationsübergreifende
virtuelle Community von Software-Experten:
| Gründung: 1991 durch Torvalds;
| Ziel: gemeinsame Entwicklung eines Betriebssystems; Kennzeichen einer Software-
Community: Austausch von Ideen, Methoden, Tools und Programmcode;
| Bindung: international hoher Bindungs- und Kooperationsgrad trotz teilweise unterschiedli-
cher, individueller Ziele und Erfahrungen und fehlender monetärer Entlohnung für die Ent-
wicklungsarbeit;
| Zusammentreffen: überwiegend virtuell;
| Besonderheit: Implizite Grenzen der Teilnahme durch das Erfordernis, Expertenwissen in
Softwareentwicklung zu besitzen.
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Das Besondere an der Linux-Community ist, dass sich hier nicht nur Experten zum Thema
Softwareentwicklung austauschen, sondern ihr Wissen tatsächlich anwenden, um ein kollektives
Produkt – ungeachtet kommerzieller Interessen – zu entwickeln. Zu beachten ist auch, dass
erst Ende der Neunzigerjahre die virtuelle Linux-Community durch das Word Wide Web tatsäch-
lich einen breiten Zugang bei Softwareentwicklern gefunden hat. Linux und vergleichbare Open-
Source-Projekte werden als Communitys mit relativ geringer Bindung bezeichnet, die jedoch
durch starke gemeinsame Werte, wie bspw. durch die Auffassung, dass Software frei und offen
entwickelt werden sollte, zusammengehalten werden. Sie sind ein gutes Beispiel für die von
Hagel/Armstrong getroffene Annahme, dass die Attraktivität einer virtuellen Community von
der Quantität und Qualität der durch die Mitglieder erzeugten Inhalte abhängt. So werden
Open-Source-Communitys häufig als eine Art „Geschenk-Wirtschaft oder -Kultur“ („Gift Econo-
my“ bzw. „Gift Culture“) beschrieben, in der Teile einer Software, Wissen oder Problemlösungen
der gesamten Community zur Verfügung gestellt werden, ohne einen direkten materiellen
Gegenwert dafür zu erhalten, mit dem Risiko, dass andere Mitglieder ohne ein Zutun von den
Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit profitieren.“
(Markus 2002)
122
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Diese Erfolge der Open-Source-Entwicklung und deren Konzepte wie die liberale Li-
zenzierung breiteten sich auch auf andere Lebens- und Arbeitsbereiche aus. So haben
die Initiativen der Offenen Bildungsressourcen (Open Educational Resources) oder des
Open Access (freier Zugang zu subventionierten wissenschaftlichen Veröffentlichun-
gen), sowie gesellschaftliche wie „Black Rock City“ oder „The Burning Man“ Wurzeln in
oder Verbindungen zu den liberalen, alternativen Organisations- und Lizenzierungs-
konzepten der Open-Source-Bewegung.
Softwareentwicklung in Open-Source-Communitys
Die Erfolge der Open-Source-Entwicklung lenkten das Augenmerk nicht nur auf die
Produkte selbst, sondern auch auf die Entstehungs- und Entwicklungsprozesse. Insbe-
sondere die neuen, wenig hierarchischen Organisationsstrukturen ohne feste Arbeits-
pläne, ohne Zeitplan und Aufgabenbeschreibungen stehen im Interesse der For-
schung. Als „Community“ wird dabei „das Konglomerat aus Entwicklern, Koordinato-
ren, Dokumentatoren, aktiven und passiven Benutzern […] bezeichnet“ (Heinrich,
Holl, Menzel, Mühlberg, Schäfer & Schüngel 2006, 59).
Der Einsatz von Open-Source-Software prägt zunehmend auch herkömmliche Berei-
che des Software-Engineerings: Es zeigt sich, dass die Übertragung der Open-Source-
Idee (wie z. B. die intensive Nutzung kollaborativer Werkzeuge) auf die verschiedenen
Entwicklungsprozesse proprietärer Softwareprojekte positiven Einfluss hat (s. Koppa-
ny & Lehnert 2005). Viele Studien beschäftigen sich mit den besonderen Organisati-
onsstrukturen in Open-Source-Entwicklungen und stellen dazu Vergleiche an. Dabei
zeigt sich z. B. dass die Selbstselektion bei Open-Source-Projekten in aller Regel dazu
führt, dass die Herausforderungen, die sich dem Entwickler stellen aus ihrer Sicht
optimal sind (s. Stoll 2006, 22; folgende Textbox).
Aus Sicht von Feller und Fitzgerald (2002) sind folgende die prägnanten Merkmale
von Open-Source-Communitys (nach Heinrich, Holl, Menzel, Mühlberg, Schäfer &
Schüngel 2006, 84):
„(a) Parallelität statt Linearität der Entwicklung; (b) Beteiligung großer, weltweit
verteilter Gemeinschaften von Entwicklern; (c) Verwendung unabhängiger Code-
Prüfungen („Peer-Review“) durch andere Entwickler und Benutzer; (d) Prompte
Rückmeldungen auf Entwicklungen von Benutzern und Entwicklern; (e) Einbinden
hoch talentierter und hoch motivierter Entwickler in die Prozesse von Projekt und
Entwicklung; (f) Verstärkte Beteiligung der Benutzer im Entwicklungsprozess; (g)
extrem straffer Zeitplan für Veröffentlichungen neuer Programmversionen.“
123
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
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Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Apache Mozilla
Anwendungs- Das Apache-Projekt welches begutachtet Das Mozilla-Projekt beinhaltet den Browser als
bereich wird, beinhaltet nur den Apache-Server. auch eine Vielzahl an Entwicklungswerkzeugen
und einen Werkzeugsatz. Jedes dieser Projek-
te ist gleich oder größer als der Apache-
Server.
Rollen und Die Apache-Group (AG) verfügt derzeit Mozilla.org hat 12 vollzeitbeschäftigte Mitglie-
Verantwort- über 25 Mitglieder von denen alle freiwilli- der. Einzelne verbringen beachtliche Zeit für
lichkeiten ge Mitarbeiter sind. Die Kernentwicklungs- das Kodieren und andere übernehmen die
gruppe beinhaltet die derzeitig aktiven AG- Unterstützungs- und Koordinierungsrollen.
Mitglieder als auch andere, die sehr aktiv Weitere Mitglieder haben beachtliche Verant-
und als potentielle Mitglieder in der AG zur wortung z. B. als Eigentümer der annähernd
Diskussion stehen. 80 Module und Führer für die sechs Test-
teams. Viele der Nicht-Mozilla.org-Teilnehmer
werden dafür bezahlt ihre Zeit für Mozillaent-
wicklungen aufzuwenden.
Identifizie- Da nur die AG Zugriff zum Code hat, Jeder kann einen Problemreport hinzufügen
rung der kontrollieren sie auch alle Veränderungen. oder eine Verbesserung vorschlagen, aller-
anstehenden Der Prozess ist offen in dem Sinn, das dings steuert mozilla.org die Richtung des
Arbeit andere Lösungen und Veränderungen Projekts. Viele der Befugnisse werden den
einbringen, beabsichtigte Veränderungen Moduleigentümern und Testteams delegiert.
kommentieren und der AG empfehlen Mozilla.org behalten sich das Recht vor Modul-
können. eigentümer zu bestimmen und Konflikte zu
lösen.
Beauftragen Jeder kann wählen, ob er an seinen Entwickler machen starken Gebrauch vom
und ausfüh- eigenen Veränderungen und Lösungen Bugzilla-Veränderungsmanagement-
ren von arbeiten möchte, oder lieber auf die Werkzeug, um Probleme oder Erweiterungen
Entwick- Mailinglisten und Newsgruppen oder ausfindig machen und arbeiten zu können. Sie
lungsarbeit BUGDB antworten möchte. Die Kernent- haben die Aufgabe, ausgewählte Veränderun-
wickler haben „inoffizielles“ Expertenwis- gen an denen sie arbeiten möchten zu kenn-
sen bzw. Fachkenntnisse und manche zeichnen, damit Doppelgleisigkeiten beim
neigen dazu, ihre Arbeiten hauptsächlich in Arbeitsaufwand vermieden werden. Entwickler
diesen Bereichen durchzuführen. Andere können Bugzilla verwenden, um Hilfe bei
Kernentwickler neigen dazu, den Vortritt besonderen Veränderungen anzufordern und
Experten in dem Bereich zu überlassen. deren entwickelten Code unterbreiten zu
können.
Vortestphase Entwickler arbeiten an kommerziellen Es gibt sechs Testteams, welche auf die
Einheiten und dem Testen von Funktionali- verschiedenen Teile des Produkts aufgeteilt
täten an einer lokalen Kopie. werden. Sie pflegen die Testfälle, Richtlinien,
Trainingsmaterialien usw. auf Mozilla.org.
Kontrollen Generell überprüfen alle AG-Mitglieder alle Alle Veränderungen unterliegen der Kontrolle
Veränderungen. Sie sind auch auf die auf Modulebene als auch einem hochqualifii-
gesamte Entwickler-Community verteilt, zierten Mitglieds, dem Gutachter. Moduleigen-
welche auch regelmäßig Kommentare tümer müssen alle Änderungen in ihren
beiträgt. Kontrollen werden normalerweise Modulen bewilligen.
vor eine stabile Version und nach der
Entwicklungsfreigabe durchgeführt.
Management- Der Job des Freigabe-Managers rotiert und Der Code wird einige Tage vor der Freigabe
Freigabe wechselt somit zwischen den erfahrenen eines anstehenden Meilensteins eingefroren
Mitgliedern der AG. Kritische Probleme und kritische Probleme werden gelöst. Eine
werden identifiziert, der Zugriff auf den ausgewiesene Gruppe von mozilla.org ist für
Code wird eingefroren bzw. ist gesperrt. die Entscheidungen über Meilensteine verant-
Wenn alle kritischen Probleme behoben wortlich.
wurden und der Code stabil ist, dann kann
er durch die Manager freigegeben werden.
125
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Die Motive und Gründe sind nicht als unabhängig zu betrachten und spielen zusam-
men: „Zur Konsens stiftenden Intrinsik des Programmierens kommen vermutlich die
Eigenlogik und Verbindlichkeit von Projekten, aber auch gemischte und komplexe
Motive und Interessen: Professionalität und Altruismus, berufliche Anschlussmöglich-
keiten und die Gelegenheit, etwas anderes, zur Erwerbsarbeit Komplementäres zu
tun, technische Exzellenz und Gegenkultur“ (Holtgrewe 2000, 9).
Drei Typen von Open-Source-Entwicklern identifiziert Stoll (2006) mit Hilfe von
Cluster- und Faktorenanalysen: (a) ein umfassend von Open Source faszinierter Typ
mit hoher intrinsischer Motivation, (b) ein sozial motivierter Typ der auch durch Repu-
tationsüberlegungen angereizt wird sowie (c) ein pragmatisch motivierter Typ, der
häufig von seinem Arbeitgeber angehalten wird, sich zu beteiligen (Stoll 2006, 117).
126
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
Nicht nur in Stolls Dissertation, sondern auch in vielen anderen Untersuchungen wird
auf den „Spaß“-Faktor hingewiesen, den viele der Beteiligten an Open-Source-
Entwicklungen erleben. Auch genannt wird der „Flow“ in den, neben Sportler in Risi-
kosportarten wie Klettern, insbesondere Software-Developer geraten können: Nach
dem Begründer des Flow-Ansatzes Csikszentmihalyi können sie beim Programmieren
in Schaffensrausch geraten, der zu einer produktiven Harmonie von Aufmerksamkeit,
Motivation und Umgebung führt (Wikipedia 2008c).
127
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
So lassen sich aus einer Studie, die sich mit den ersten Jahren des Apache-Projektes
beschäftigt allgemeine Hinweise ableiten (Weiss, Moroiu & Zhao 2006): Die Autoren
gingen unter anderem den Fragen nach, wie sich die Community entwickelte, welche
der Unterprojekte wuchsen und wie der Informationsfluss verlief und werteten dabei
die Kommunikationsprozesse aus. Dabei wurden die folgenden beiden Hypothesen
bestätigt: (a) Größere Communitys ziehen mehr Entwickler an, (b) Communitys die
mehrere Entwickler haben, die an mehreren Subprojekten beteiligt sind tauschen sich
stärker aus. Hahn, Moon und Zhang (2006) untersuchten den Verlauf von 1.043
zufällig ausgewählten Open-Source-Projekten, die auf Sourceforge.net bekannt gege-
ben wurden. Sie stellen dabei unter anderem fest, dass Projekte, deren Initiatoren
schon auf Sourgeforge.net Kontakte hatten, in einem kürzeren Zeitraum mehr Co-
Entwickler als Initiatoren ohne Kontakte finden. Matuska (2003, 55) weist in seiner
Diplomarbeit darauf hin, dass kleinere Communitys bzw. Projekte häufig von nicht
demokratisch gewählten Personen „diktatorisch“ geleitet werden, wohingegen bei
großen Projekten häufig gewählte Vertreter der Entwickler in „Entscheidungsgremien“
sitzen.
Solche Untersuchungen geben folglich Hinweise auf Faktoren jedoch kein umfassen-
des Bild der wichtigen Prozesse und Entscheidungen, die beim Aufbau einer Open-
Source-Community von Bedeutung sind.
Da scheint es hilfreich, auch auf die Analysen zurückzugreifen, wie sich erfolgreiche
Projekte koordinieren und Motivationsbedingungen erfüllen. Eine solche Zusammen-
fassung schufen Picot und Fiedler (2008), die deutlich darauf hinweisen, dass sich
auch Open-Source-Projekte nicht „selbst organisieren“ und es keinerlei organisatori-
scher Hilfsmittel bedarf (S. 236).
128
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
In dieser Liste weisen Picot und Fiedler auf die „Antiforkig-Norm“ hin, die in der Open-
Source-Szene gilt, die quasi zum „Ehrenkodex“ gehört: Es gibt einen sozialen Druck
gegen das „Forking“, das Aufspalten von Projekten, das ja prinzipiell möglich wäre: In
der Regel wird die Leistung und Kompetenz der Projektinitiatoren/Hauptentwickler
anerkannt und nur die von ihm gebilligten Versionen als Standard akzeptiert (S. 243).
Was man in dieser Liste auch deutlich sieht, ist die Vorstellung der Betriebswirtschaf-
ten dass sich Handelnde, in diesem Falle die Software-Entwickler, immer rational
verhalten: So wird davon ausgegangen, dass die Reputationsmöglichkeit und die
Beiträge in engem Zusammenhang stehen. Zu ergänzen ist, dass Software-Entwickler
die sich an Open-Source-Projekten beteiligten in der Regel auch Nutzer der Produkte
sind.
Für den Spezialfall der von Unternehmen initiierten Open-Source-Entwicklung mit
Communitys beschreiben Schmitt et al. (2007) folgende drei Phasen: die Initialisie-
rung, die kontinuierliche Open-Source-Entwicklung durch die Anwender und die Er-
gebnisintegration (S. 14). Die erste Phase soll nach Schmitt et al. (2007) gewährleis-
ten, dass eine sichere Entwicklungsplattform gewährleistet ist: „Dies erfolgt technisch
über eine Modularisierung der Software in eine System-Software (entspricht Betriebs-
system und Entwicklungsumgebung), in gekapselte sowie in Open-Source-Funktionen,
-Parameter und -Darstellungen. Drei wesentliche Gründe erfordern die Kapselung
bestimmter Module: Sicherheitskritische Funktionen dürfen nicht manipuliert oder
ausgehebelt werden können; hoch komplexe Module sind nicht für semi-professionelle
Entwickler geeignet; die Wettbewerber sollen keinen Einblick in markenbildende Funk-
tionen erhalten. Der für COSD freigegebene Bereich ist skalierbar von grafischer
Konfigurierbarkeit der Anwenderebene über funktionale Konfigurierbarkeit hin zu
funktionaler Entwicklung.“ (S. 15). Die Autoren beschreiben also zudem eher techni-
sche und organisatorische Rahmenbedingungen, als das sie Hinweise geben, wie die
gewünschte Community denn gefunden oder initiiert werden kann.
So ist es vielleicht noch spannender als in den anderen gewählten Anwendungsfällen
von Online-Communitys, auf welche Aspekte unser Experte im Kurzinterview hinweist.
129
Erfolgreicher Community-Aufbau: Sechs Einsatzgebiete
? Welche typischen Fehler beobachten Sie beim Aufbau von Online-Communitys zur Open-
Source-Entwicklung?
! Der größte Fehler ist es, verschlossen und nicht offen zu sein. Da kann man lachen, aber ich
habe schon mit Open-Source-Entwicklern gesprochen, welche nicht einmal über ihre Ideen
reden wollten! Es ist einfach so: Die Leute wollen, dass ihnen etwas gehört. Wer sich aber so
verhält, macht genau das Falsche. Man muss es zulassen, dass sich Ideen und Projekte entwi-
ckeln und verändern, und es ist auch völlig in Ordnung, wenn andere die Ideen aufgreifen.
Man darf auch keine Unterstützung ablehnen. Überhaupt keine, alles ist wichtig, die „Communi-
ty“ bezieht sich auch nicht nur auf die Programmierung selbst – es ist schon hilfreich, wenn
jemand einfach ein bisschen Dokumentation schreibt, einen Weblog-Eintrag zum Projekt
schreibt oder sogar eine Homepage zum Projekt macht. Ich denke sogar, dass jedes erfolgrei-
che Projekt auch eine gute Homepage hat, wo die Projektideen gut beschrieben sind – bis auf
meine eigenen Projekte vielleicht.
Henry Story ist Semantic Web Evangelist und Software Developer bei SUN Microsystems. Er
entwickelte unter anderem den Web-Übersetzungsservice BABELFISH und bloggt regelmäßig in
seinem Weblog http://blogs.sun.com/bblfish/.
Literaturtipp
Dieses Buch behandelt die soziale Seite der Open-Source-Entwicklung.
Es beschreibt wie erfolgreiche Projekte arbeiten, die Erwartungen der User und
Entwickler sowie die Kultur der freien Software. Das Buch kann kostenlos unter
folgendem Link heruntergeladen http://producingoss.com oder als Taschenbuch
gekauft werden.
Fogel, Karl Franz (2005). Producing Open Source Software: How to Run a
Successful Free Software Project (Taschenbuch). O'Reilly Media
Zusammenfassung
| Bestehende Open-Source-Prinzipien sind zu beachten
| Bestehende Kontakte zu potentiellen Entwicklern sind von großer Bedeutung
| Je größer und bekannter Projekte sind, umso mehr Reputationsmöglichkeiten und Attrakti-
vität haben sie
| Open-Source-Entwicklung basiert auch auf politischen Werthaltungen
| Jede Art der Unterstützung muss willkommen sein
| Initiatoren müssen zulassen können, dass sich Projekte anders entwickeln, als geplant
130
Ausblick: Professionalisierung und Forschungsfragen
10.1 Professionalisierungsbestrebungen
Bisher wurde in dieser Studie unter einer Community Zusammenschlüsse von Perso-
nen verstanden, die sich regelmäßig zu einem bestimmten Thema aktiv austauschen
und/oder gemeinsam Inhalte entwickeln und dabei starke Bindungen entwickeln und
sich auch als „Gemeinschaft“ erleben. Dennoch wird der Begriff der „Community“
auch häufig für die Gesamtheit aller Nutzer einer Community-Plattform oder einer
Technologie, beispielsweise eines bestimmten Instant-Messaging-Services, betrachtet.
Community-Management bezieht sich so nicht auf den Aufbau einer besonders akti-
ven Gruppierung, die dann für andere („User“, „Mitglieder“) die Attraktivität steigert,
sondern um die Gesamtheit aller Nutzer eines Services oder Systems. Die Tätigkeit
dieses Managements von Mitgliedern großer Serviceanbieter, beispielsweise der Soci-
al-Network-Dienste Xing oder LinkedIn, wird demzufolge als „Community-Manager“
bezeichnet.
Mit der wachsenden Zahl von Personen, deren Tätigkeitsfunktion als „Community-
Manager“ beschrieben wird, wuchs auch der Bedarf an einer zunehmenden Professio-
nalisierung. Diese wurde maßgeblich von Betroffenen und Interessierten selbst be-
trieben. So bildeten sich bereits früh, was ja auch nahe liegend ist, Online-
Communitys die sich speziell mit den Anliegen und Bedürfnissen von Online-Managern
beschäftigen (s. z. B. communitystammtisch.de), in Frankfurt bildeten sich erste
regelmäßige Stammtische, bei denen sich Fachleute, Betreiber und Dienstleister rund
um Online-Communitys austauschen. Im November 2008 erreichten die Professionali-
sierungsbestrebungen mit der Gründung eines Berufsverbandes einen vorläufigen
Höhepunkt: Ende August 2008 formulierte Tom Noeding die Idee des „Bundesver-
bands Community Management“ (BVCM) und fand mit Silke Schippmann (XING),
Linda Konter (UNICUM), Mark Ralea und Daniel Langwasser Mitstreiter für dieses
Vorhaben.
131
Ausblick: Professionalisierung und Forschungsfragen
Laut Satzung des Vereins besteht der Zweck dieses Zusammenschlusses in der Ver-
tretung und Förderung der allgemeinen Interessen des Berufsstandes der Community-
Manager (s. BVCM 2008), insbesondere auch bei der Darstellung des Tätigkeitsfeldes
der Community-Manager, der Förderung des Nachwuchs und der beruflichen Weiter-
bildung. In einem eigenen Arbeitskreis werden so Praxis, Ausbildung, Weiterbildung,
Kurs- und Zertifikatssystem, Vergütung, Rechtsgrundlagen der Tätigkeit von Commu-
nity-Managern beraten.
132
Ausblick: Professionalisierung und Forschungsfragen
133
Ausblick: Professionalisierung und Forschungsfragen
Community-basierte Empfehlungen
Die Inhalte selbst und Metainformationen sind die Grundlage, auf der den Nutzern
Empfehlungen gegeben werden können: Diese können beispielsweise auch für eine
Vielzahl von Nutzern auf interessante, passende oder neue Beiträge hinweisen. Auch
können andere Nutzer oder Nutzergruppen empfohlen werden. Ein Überblick über
aktuelle Realisierungen und Erfahrungen mit solchen Empfehlungen, die als Service
für Nutzer und Communitys einen entscheidenden Faktor für die Attraktivität eines
Systems ausmachen können, ist überfällig.
134
Erfolgreicher Aufbau von Communitys
135
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Literatur und Quellen
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schriftenReihe: Social Media | Band 1
Schriftenreihe: Social Media
Band 1
© sxc.hu
Communitys entstehen oft eher zufällig oder werden ganz gezielt initiiert und aufge-
baut: Fernuniversitäten unterstützen die Bildung von Lern-Communitys, Sprachenlerner
Es gibt eine Fülle von Kurzberichten, Analysen und Kommentaren zu erfolgreichen STT
und erfolglosen Communitys, aber nur wenige Metaanalysen der damit verbundenen
Erfahrungen. Die Zusammenstellung und Aufarbeitung der Literatur sowie Erfahrungs-
berichte, die Analyse von unterschiedlichen Communitys und mit Hilfe von Experten-
befragungen bietet dieses Buch für unterschiedliche Einsatzgebiete Orientierungs- und
Entscheidungshilfen.
Erfolgreicher Aufbau
von Online-Communitys
ISBN 978-3-902448-13-2